Allgemeines

Rund um Halle 2019

Schnellläufer Uwe

Schon seit Tagen kündigte MDR-Wetterfee Michaela Koschak den Schnellläufer Uwe für Sonntag an, ein mit hoher Geschwindigkeit sich näherndes Tiefdruckgebiet mit viel Regen im Gepäck. Ich amüsierte mich darüber, dass uns am Sonntag zu „Rund um Halle“ neben unserm Uwe noch ein zweiter Schnellläufer mit demselben Namen begleiten sollte. Dieser sollte Sturm und stellenweise Starkregen und einzelne Gewitter bringen. Innerlich vollzog ich die bekannte Scheibenwischerbewegung, nicht wegen des Regens sondern weil ich mir die Frage stellte, ob es nichts Besseres gäbe als sich unter diesen Bedingungen geschätzte sechs Stunden laufend um die Saalestadt zu bewegen? Ganz klar: Gab es nicht! Außerdem hatten sich zwischenzeitlich neun Läufer und ein Radfahrer für die Runde angemeldet, das Verpflegungsteam stand in den Startlöchern, und alle waren hochmotiviert. Also Augen zu und durch. Auch zwei krankheitsbedingte Absagen, die wirklich glaubhaft und nicht nur billige Ausreden waren, konnten uns nicht bremsen.

Startvorbereitungen an traditionsreicher Stätte

Mittlerweile hat sich ja alles eingespielt, die Gesichter der Starter sind fast jedes Jahr die gleichen, das Prozedere reine Routine. Man trudelt kurz vor 8:30 Uhr in Mötzlich mit dem Auto ein, trifft kurze Vorbereitungen und los geht es, nicht anders als wenn man zum Gottesdienst gehen würde. Die Kirche befindet sich ja gleich neben unserm Startpunkt, und Sonntag ist es auch. Allein alles was jetzt folgte, hatte nichts mit einem Kirchgang zu tun. Uwes Bemerkung was es zu bedeuten hätte, dass ich mein Auto in Mötzlich parken würde, überging ich ohne Kommentar. Zur Erklärung: Letztes Jahr bin ich zu Jürgen gefahren und mit ihm bei km 13 am ersten Verpflegungspunkt gestartet.

Torsten, Marcus, Franzi, Jonny, Dieter, Uwe am Start in Mötzlich
Es war windig und nieselig

Nachdem ich vor drei Jahren selbst mal mit dem Fahrrad dabei war – und unterwegs zwei Reifenpannen hatte – war diesmal Wolfgang unser Radbegleiter. Er kennt diesen Job mittlerweile aus dem Effeff, war schon bei diversen Läufen wie „Rund um Leipzig“ und dem Soljankalauf mit dem Radl dabei. Wir hatten ihn vorgewarnt, dass der Kurs zum Radfahren eher ungeeignet wäre, aber davon lässt sich ein gelernter Mathematikprofessor nicht abschrecken. Letztendlich war auch etwas Glück dabei, dass die Strecke viel besser abgetrocknet war als gedacht.


Absolut pünktlich ging das kleine Feld auf die Strecke. Es kam weniger Regen vom Himmel als erwartet. Die Dörfer am Stadtrand von Halle sind um diese Zeit wie ausgestorben. Umso überraschender bekamen wir für einen – wirklich sehr kurzen – Abschnitt weibliche Laufbegleitung. Carmen aus Seeben (nicht aus Sevilla) kam uns mit ihrem winzigen Hündchen entgegen und entschied sich kurzerhand, uns ein Stück zu begleiten. Sie lief genau mein Tempo und so kamen wir ins Gespräch. Ich musste nur aufpassen, dass ich nicht auf ihren Pfiffi treten würde. Dieser kreuzte ständig meine Bahn und wusste gar nicht, dass er sich damit in Lebensgefahr begab. Nach reichlich 500 m wollte Carmen schon wieder umkehren. Puh lohnte sich da überhaupt das Anziehen der Laufklamotten? Wir einigten uns darauf, dass es besser ist, kurze Strecken zu laufen als gar nicht zu laufen.

Bei km 5 war der Schritt noch locker und dann noch diese Begleitung

Durch die Franzigmark ging es hinunter an die Saale und dort entlang der Brachwitzer Alpen zur Fähre Brachwitz. Auf der Fähre gab es musikalische Begleitung. Wolfgang holte seine Mundharmonika heraus und brachte damit etwas Licht in den grauen Morgen. Drüben auf der andern Seite der Saale warteten schon Sybille und Jürgen mit einem Kofferraum voll Verpflegung.

Alljährliches Wiedersehen auf der Fähre in Brachwitz (ca. 12 km)
Die sechs Vollumrunder des Jahres 2019, Wolfgang mit Mundi

Die steile Rampe von der Saale hinauf auf die Hochfläche ist immer wieder eine Herausforderung (geschätzte 20% Steigung). Das größte Problem hatte hier aber Wolfgang. Weder seine Kraft noch seine Gangschaltung gaben es her, hier hochzufahren. Also Schiebemodus. Noch vor Dölau fanden wir uns wieder zusammen. Von nun an fuhr ich den Besenwagen. Zusätzlich blies Uwe – das Sturmtief – heftig von vorn. Eigentlich hatte ich den Plan, 20 km später bei Laufrichtung nach Norden noch in den Genuss des Rückenwindes zu kommen. Aber das war jetzt wirklich verwegen, daran zu denken. Mein längster Lauf in diesem Jahr waren 17 km. Größenwahn ist die Krankheit der Zwerge. Ich fühlte mich wie ein Laufzwerg bei dem Gedanken an 50 km. Fußballer denken ja immer von Spiel zu Spiel. Ich dachte heute von Verpflegungspunkt zu Verpflegungspunkt. Bis zum nächsten waren es noch 10 km. Durch die Dölauer Heide lief ich ohne Blickkontakt nach vorn auf dem Bergmannsteig zum Aussichtspunkt Granauer Berg. War ein ziemlich einsames Rennen. Aber so konnte ich mich auf das Wesentliche konzentrieren, das heute darin bestand, mein eigenes Tempo zu laufen, um überhaupt eine Minimalchance auf die volle Umrundung zu haben. In Angersdorf wurde ich schon erwartet, und es war nett von den Cracks, dass sie mir noch ein paar Muffins übrig gelassen hatten. Inge hatte wieder Kuchen gebacken. Das lässt sie sich nicht nehmen. Das Engagement unserer Helfer gerade bei diesen äußeren Bedingungen kann man nur loben.

Das Team bei VP2 in Angersdorf nach 24 km

Uns standen nun die kraftraubenden Kilometer durch die Saaleaue bevor. Jürgen hatte zwar am Vortag die Strecke schon mal per Fahrrad erkundet und berichtet, dass er hinterher nicht mal das Fahrrad putzen musste. Trotzdem war es überraschend, wie gut sich die endlosen Wiesen belaufen ließen. Das hatten wir schon ganz anders erlebt wie 2011 als hier alles unter Wasser stand und wir außen herum laufen mussten.

Am Beginn der Saaleaue war der Boden wie fast immer sehr aufgeweicht

Einigermaßen überrascht waren wir auch an der Röpziger Brücke bei km 30, dass es hier keine Verpflegung gab. War eigentlich eingeplant. Wo war Inge? Kurz darauf kam sie angebraust. Waren wir doch tatsächlich schneller gelaufen als sie neuen Tee gekocht hatte. Trotz Verpflegung verabschiedete ich mich von den anderen. Der weiche Boden hatte viel Kraft gekostet, ich stand kurz vorm Wadenkrampf. Als Uwe dann den Spruch zitierte: „EIN Ullrich kommt immer durch“ (Soll ich mal vor ein paar Jahren so gesagt haben), erwachte mein Kampfgeist. Und: Ich war heute der einzige Ullrich. Hatte keine Wahl. Bruder, Sohn und Neffen hatten mich im Stich gelassen. Also weiter entlang der Weißen Elster. Vorbei am Maya Mare. Das wäre jetzt die richtige Entscheidung, hinein in den Wellnesstempel mit Saunalandschaft. Oder doch nicht? Ich konnte wieder laufen. Also lieber an der frischen Luft bleiben. Da ich den anderen gesagt hatte, sie sollten nicht auf mich warten, ich würde mit der Straßenbahn zum Start-Ziel zurückfahren, setzte ich einen kurzen Anruf an Uwe ab, um ihm mitzuteilen, dass ich doch noch komme. Er war gerade bei km 37 am vierten Verpflegungspunkt eingetroffen. Franzi, Marcus und Torsten waren schon weg als ich eintraf. Das war aber so abgesprochen. Sie sollten sich ja nicht erkälten und waren heute wirklich unterfordert.

Der Hallorenkugel-Verpflegungspunkt am Osendorfer See (km 37)

Nach einer Tasse warmem Tee, einer Hallorenkugel und ein paar Keksen fühlte ich mich für die nächste Etappe gewappnet. Jonny mit großem Trainingsrückstand, Uwe der immer weiß, dass das Gas rechts ist und Wolfgang als Radbegleiter nahmen mit mir die – nun ja – Hammeretappe in Angriff, die gefürchtete Straße nach Reideburg ohne Fuß- oder Radweg. Aber heute konnte man wenigstens den Rückenwind genießen. Dazu gab’s motivierende Sprüche wie: „Jetzt noch eine Montagstrainingsrunde mit Fockeberg“, was so viel heißen sollte wie „nur noch 13 km“. Der Motivation hätte es aber gar nicht bedurft. Ich wollte jetzt sowieso meine zehnte Halle-Umrundung vollenden.

VP 5 bei km 45 in Reideburg

Obwohl ich mich wieder zurückfallen lassen musste, gab es nur noch ein Ziel. Das hieß Mötzlich. Wo der gewöhnliche Marathonläufer schon zur Jubelpose ansetzt, waren für uns noch 8 km zu laufen. Genau bei der Unterquerung der Hochspannungsleitung hinter Zwintschöna befindet sich die Marathonmarke. Naja Bestzeit war es nicht, aber Optimismus machte sich breit. Irgendwann kam ich in Reideburg an. Jonny und Uwe waren noch da. Und Torstens Eltern mit dem Essen auf Rädern. Das ist wiederum so eine Geschichte, die dieser Lauf schreibt. Da kommen sie am Sonntagmittag von Schkopau hierher gefahren, um 6 Läufern warmen Tee, Kuchen und andere Köstlichkeiten in liebevoller Zubereitung zu servieren. Das ist nicht selbstverständlich, und wir wussten es zu würdigen.

Wer bei „Rund um Halle“ mitläuft muss nicht hungern
Noch 500 m bis zum Ziel an der Kirche

Die Schlussetappe nahmen wir als Dreiertrupp mit Radbegleitung in Angriff. Die Pflasterstraße nach Stichelsdorf wird wohl in 100 Jahren noch nicht asphaltiert sein, aber das ist gut so. Kommen wenigstens keine Autos. Und zumindest solange wie es diesen Lauf noch gibt, gehört diese Straße einfach dazu. Es gibt ja Läufer, die selbst nach 45 km noch gut auf den Katzenköpfen laufen können.

Dann der erhebende Augenblick: Es ist vollbracht. Wer genau hinschaut, kann auf dem Ortsschild einen Aufkleber Markkleeberger Lok-Leipzig-Fans entdecken. Wir waren es nicht.

Wir zelebrierten unsern Zieleinlauf mit dem Verzehr der Zielprämie, die Uwe wieder ausgelobt hatte. Der Spruch des Tages kam aber vom Radfahrer Wolfgang: „Ich werde morgen einen ziemlichen Muskelkater haben“. Dem konnte niemand etwas hinzufügen. Die Frage, warum ich mein Auto in Mötzlich geparkt hatte, war jetzt auch beantwortet. Ich hatte ja vorher nicht behauptet: „Niemand hat vor, Halle zu umrunden“.

Die Zielprämie gesponsert von Uwe
Im Ziel genauso gut drauf wie am Start, Marcus auf dem symbolischen RuH-Finisher-Stein

Die Halle-Umrunder 2019

von l.n.r. Franzi, Jonny, Marcus, Torsten

von .l.n.r. Uwe, Dieter, Jürgen (24 km gelaufen), Wolfgang (Fahrrad, Mundi und Verpflegung)
                                                                         

Danke den Helfern an der Strecke.

Laufbericht Dieter Ullrich (SG LVB Leipzig) 12.02.2019

Strecke mit Kilometrierung

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