Allgemeines

28. Lauf „Rund um Leipzig“

Eine runde Sache

Am Vortag des Laufes besuchte ich das Panorama zum 500-jährigen Reformationsjubiläum in der Lutherstadt Wittenberg. Im Begleitbuch wird darüber philosophiert, was eine runde Sache ist. Mir war in dem Moment gar nicht bewusst, dass dieses Wochenende gleich doppelt im Zeichen der oder des Runden stand. Doch während ich in der Wittenberger Rotunde etwa eine Stunde zur Betrachtung des Gemäldes von Yadegar Assisi benötigte, waren Zeitaufwand und Energieeinsatz am Sonntag erheblich größer. Und was eine runde Sache ist, ist nun für mich auch geklärt. Das Bild in Wittenberg ist wirklich großartig, aber wenn es eine Steigerung von einer runden Sache gäbe, dann wäre diese am Sonntag bei „Rund um Leipzig“ angebracht gewesen. Den Enthusiasmus am Umrunden jedenfalls merkte man allen Beteiligten an, und zusätzlich gab es auf der Strecke wieder Einiges zu erleben, was so vorher noch nicht da war. Und was so eine runde Sache noch ausmacht: positiv – alles, negativ – nichts. Oder gibt es andere Meinungen?

Start am 05.03. um 8 Uhr am Markkleeberger See

Zum zweiten Mal in der nunmehr 28-jährigen Geschichte der Leipzig-Umrundungen stellte Uwe uns sein Quartier als Start- und Zielort zur Verfügung. Im Vergleich zum Vorjahr standen heute aber nicht drei sondern 14 LäuferInnen und dazu noch Ute und Wolfgang als Radbegleiter vor seiner Tür. Das unter anderem führte dazu, dass es wieder mit etwas Verspätung losging. Die Routenfindung aus der Siedlung hin zur Original-Laufstrecke muss auch noch etwas trainiert werden, aber ab der Straßenbahnendstelle in Markkleeberg-Ost war der Weg bekannt und frei, um die ersten Kilometer nicht unbedingt im Bummeltempo zurückzulegen. Das sieht natürlich jeder subjektiv und tut an der Stelle niemandem weh, aber welche Bedeutung haben bei 60 km die ersten Kilometer? Da kann man eigentlich nur verlieren. Um es vorwegzunehmen: Heute gab es nur Gewinner. In erster Linie waren das natürlich die neun HeldInnen, die die ganze Runde gelaufen sind, aber auch diejenigen, die Teilstrecken absolviert haben. Und aus Sicht des laufenden Personals standen vor allen Dingen unsere Helfer am Streckenrand, die sich wieder selbst übertroffen haben mit Köstlichkeiten von heimischen Herden und Backröhren, unbedingt auf der Gewinnerseite. Um nur eine kleine Auswahl zu nennen: Da gab es Obst, Sushi, Muffins, Torten, Haferschleim und belegte Brote. Wer sollte da noch an Laufen denken?

Andreas machte zwar beim Start die Ansage, wir sollten mindestens bis km 40 alle zusammenbleiben, aber das ist bei einer so großen Gruppe mit breit gefächertem Leistungsvermögen ein schwer zu realisierendes Vorhaben. Bis zur ersten Verpflegung bei Beate und Roland unter dem Schleppdach der Engelsdorfer Mühle blieben alle zusammen. Ich weiß mittlerweile nicht mehr, wie oft ich in den letzten 20 Jahren einen (kurzen) Teil der Übertragung des Wasalaufs in Rolands Auto gesehen habe. Auf jeden Fall fällt unser Lauftermin fast jedes Jahr mit dem Wasalauf und/oder der 50km-Skilanglauf-WM zusammen. So war es auch diesmal. Das Schlimme beim Wasalauf war, dass ein Norweger gewonnen hat. Um solche Katastrophen zu verhindern, ist „Rund um Leipzig“ nur für Deutsche ausgeschrieben. Hallenser sind zugelassen!

VP1 in Engelsdorf bei km 12

Im heutigen Team waren sowohl alte Hasen und Fans der Städteumrundungen als auch Neulinge bzw. „Kurzstreckenläufer“ dabei. Die meisten kannten sich, einige hatten schon am Wintermarathon sechs Wochen zuvor und bei „Rund um Halle“ über 50 km vor drei Wochen teilgenommen. Besonders erfreulich allerdings, dass mit Ulf und Jonny zwei Stammkräfte wieder dabei waren, nachdem sie in Halle wegen Verletzung bzw. Krankheit fehlten. Man sah ihnen diesen Ausfall heute nicht an. Da gab es eher einen anderen Kandidaten, der sich an der Mammutstrecke verhob. Hendrik durchlitt alle Höhen und Tiefen eines Marathonlaufs komprimiert auf 32 km. Für Martin dagegen war es vergleichsweise einfach, aber nur vergleichsweise. Er weiß jetzt auch, dass 32 km etwas anderes sind als ein 10-km-Sprint. Immerhin ein Anfang ist gemacht.

Zwischen Engelsdorf und Taucha kamen uns gleich zwei bekannte Leipziger Läufer entgegen. Der Erste war Roman Knoblauch, seines Zeichens Moderator bei Radio Leipzig und gerade von der Nordischen Ski-WM aus Lahti zurückgekehrt, wo er als Moderator für Eurosport im Einsatz war. Der Nächste war Michael Werner, der uns vor zwei Jahren an genau derselben Stelle begegnet war. Es war einiges los heute, aber der Höhepunkt der Begegnungen stand uns noch bevor. Während unsere Truppe VP2 bei Familie Kuscher in Thekla ansteuerte und dabei den alten VP2 in Seegeritz passierte, tauchte vor uns Heinz-Hermann auf. Wer ist Heinz-Hermann? Wussten wir auch nicht. Ein Jogger eben, der gerade sein Auto abgestellt hatte und zu seinem sonntäglichen Läufchen aufgebrochen war. Wir kamen mit ihm ins Gespräch, und Andreas und ich luden ihn ein, uns ein Stück zu begleiten. Die Erwähnung von Verpflegungspunkten löste bei ihm alle Bremsen. Er wollte gleich bis Markkleeberg mitkommen. Als wir hörten, dass er eigentlich nur 10 km trainiert, rieten wir ihm sofort davon ab. Die Erwähnung eines zurückliegenden Herzinfarkts konnte uns auch nicht wirklich beruhigen. Er war trotzdem total begeistert von unserem Lauf und natürlich vom Angebot am VP2 und wollte sich auch das Angebot am nächsten Verpflegungspunkt nicht entgehen lassen. Er kam tatsächlich aus dem Staunen nicht mehr raus und genoss Jonnys Sushi.

VP2 Thekla bei km 24

Spätestens an der Neuen Messe war das Läuferfeld weit auseinander gezogen. Uwe hatte wie immer den Turbo als Erstverkoster der Muffins gezündet. Dazwischen gab es Grüppchenbildung, am Ende begann für Hendrik die Tour der Leiden. Nächstes Jahr gibt es die Zulassung zu „Rund um Leipzig“ nur mit amtlich beglaubigtem Trainingspass!! An der Windmühle in Lindenthal kam passend zur allgemeinen Stimmung die Sonne heraus. Muffins und eine kleine Torte wurden aus dem Kofferraum hervorgezaubert. Für Hendrik wurde dieser Stopp zum Lebensretter, denn neben der Verpflegung gab es auch noch den Krankentransport nach Lützschena. Unser Teilstreckenrekordler Jürgen war unterdessen auch eingetroffen und komplettierte das Feld der Leipzig-Umrunder. Wir waren heute sozusagen ein Hop-on-Hop-off-Unternehmen. Heinz-Hermann aus Niedersachsen „hoppte off“. Er musste zurück zu seinem Auto, das in Seegeritz stand. Wie er uns am Abend per Email mitteilte, war er heil zurückgekommen und lief so nebenbei eine persönliche Bestzeit über Halbmarathon. Die Komplettelektronik an seinem Unterarm hatte es ihm unterwegs mitgeteilt.

VP3 Lindenthal bei km 32

Mit immer noch 13 Läufern wurde die nächste Etappe in Angriff genommen. Helge hatte bis hierher den schwersten Job zu verrichten, war mit Wiederbelebung und sonstiger Hilfestellung für Hendrik schwer beschäftigt und hatte nun auch noch die kürzeste Pause. Helge du warst der Held des Tages!

Auf der Hauptstraße in Lindenthal dann das nächste Erlebnis. Kommt ein ziemlich fit aussehender Läufer entgegen und fragt: „Seid ihr die Leipzig-Umrunder? Cool. Ich habe schon viel von Euch gehört.“ Was war hier los? Woher er seine Informationen hatte und wer er war, wussten wir nicht. Das unerwartete Kompliment nahmen wir jedenfalls als Motivationsschub mit auf den Weg.

Kurz vor VP4 Böhlitz-Ehrenberg bei km 39

Durch den Lützschenaer Auewald hindurch konnte man den Frühling sehen und riechen. Hier blühten die Winterlinge, eine Pracht leider nur von kurzer Dauer. Am Ortseingang Böhlitz-Ehrenberg waren fast 40 km geschafft. Hier empfing uns Elke mit dem „Rennsteig-VP“, denn hier gab es Schleim, hausgemachten Haferschleim. Der Bericht vermittelt den durchaus nicht falschen Eindruck, dass bei diesem Lauf das Durchgangsgewicht von größerem Interesse ist als die Durchgangszeit. Nun ja, einer hat zumindest nicht zugenommen und das auch an dieser Stelle nachdrücklich bestätigt. Sein Name bleibt unter Verschluss: Datenschutz! Neben Wolfgang wollte hier wie von vornherein geplant auch Helge aufhören. Aber er bekam Einstiegsverbot ins Auto. Also weniger als Marathon, das geht gar nicht! Kein Pardon, er musste weiter.

Jetzt ging es für die „Kurzstreckenläufer“ allmählich ans Eingemachte. Knapp 9 km über den Bienitz bis nach Lausen zum VP5 mussten bewältigt werden. Die legte ich komplett mit Andreas in gleichmäßigem Tempo zurück. Genau an der Gaststätte am Bienitz war die Marathonmarke nach etwa 4:45 h brutto erreicht. Selbst wenn ich gewollt hätte, konnte ich nicht unzufrieden sein. Die Gruppe vor uns war immer noch in Sichtweite. Da liefen auch die drei Frauen, die sich schon von „Rund um Halle“ kannten. Muss man noch etwas über Ines schreiben? Eigentlich nicht. Sie macht es nicht mehr unter „längste jemals gelaufene Strecke“. Prophezeit hatte ich es ja schon nach „Rund um Halle“, und ich habe eine Ahnung, in welche Richtung das geht, aber die behalte ich jetzt wirklich für mich. Bei Michael am VP5 in Lausen waren 48 km geschafft. Michael hatte wieder ordentlich aufgetafelt. Während ich mich hier stärkte und den leicht ziehenden Schmerz überm Knie merkte, den ich schon vom Wintermarathon kannte, beschloss ich, dass heute 48 km reichen. Mit dem „Helden des Tages“ befand ich mich in guter Gesellschaft. Es gab an der Stelle auch kein Einstiegsverbot in Michaels Auto. Kleiner Wermutstropfen für uns, nicht für die verbliebenen Läufer: Auf der Gerhard-Ellrodt-Straße schob der Rückenwind ordentlich.

Den Rest kann ich nur als Beobachter vom Streckenrand bzw. aus dem Auto berichten. Die Truppe lief ohne Probleme Richtung Großzschocher und zum VP6 am Lauerschen Weg, wo 54,5 km erreicht waren. Überflüssig zu erwähnen, dass Franziska und Marcus als Erste hier ankamen. Marcus hat nebenbei heute einen tollen Job als Streckenfotograf gemacht. Die anderen kamen nach und nach auch an. Früher hieß es an dieser Stelle: noch 4 km bis ins Ziel, jetzt waren es noch 6 km. Das war den Jungs und Mädels aber völlig egal. In Uwes Wohnung wartend sah ich sie am Ausgangspunkt ankommen und kann aus der Ankunftszeit nur schließen, dass auf dem Schlussabschnitt nochmal richtig aufs Tempo gedrückt wurde. Helge und ich waren heute mal die Igel und schon vor den Hasen da. Auch kein schlechtes Gefühl.

Die Leipzig-Umrunder 2017, Ulf war vorher nach Hause abgebogen, hat aber auch mindestens 60 km auf dem Tacho

Eigentlich verbietet es sich, schon wieder vom Essen zu schreiben. Die Finishertorte, von Uwe natürlich selbst gebacken, der Kaffee und das eine oder andere Festbier danach kann ich aber nicht unerwähnt lassen. Das gehört mittlerweile zu „Rund um Leipzig“ wie der süßsaure Geruch zum Laufschuh. Im Überschwang der Emotionen wurde doch tatsächlich schon vom 30sten „Rund um Leipzig“ in zwei Jahren geredet. Ich würde erstmal Nummer 29 nächstes Jahr angehen. Bis dahin werden sicher einige Marathons, Ultras oder einfach nur viele Laufkilometer abgespult. Wichtig ist: gesund bleiben.

In diesem Sinne,

man sieht sich,

Euer laufender Reporter Dieter.

 

Die Vollumrunder 2017

           

                                                                Franziska                                                   Ines                                                     Korinna

         

                                                                 Andreas                                             Hans-Albert                                            Jonny

         

                                                                  Marcus                                                        Ulf                                                      Uwe

Auf Teilstrecken unterwegs

         

                                                                              Dieter                                        Helge                                         Hendrik

        

            Jürgen                                   Martin                                        Wolfgang                       Heinz-Hermann (unser Gast)

Am Ende wie immer der Dank des laufenden an das helfende Personal:

Beate Fischer, Roland Adam, Fam. Kuscher, Sabine Ullrich, Elke Pietrek und Michael Koch

Nicht zu vergessen:

Ute Höhler teilweise als „Rettungsassistentin“ (musste ein Stück ungeplant laufen, da Hendrik ihr Fahrrad brauchte)

Wolfgang S. Wittig, früher auch die ganze Runde gelaufen, war wieder auf dem Fahrrad dabei mit Mundharmonika

 

Bericht: Dieter Ullrich, 07.03.2017

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