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34. London-Marathon 2014

34. London-Marathon 2014

Ein weitere, der weltweit größten Laufveranstaltungen stand in diesem Jahr als Frühjahrsmarathon auf dem Programm der kleinen Abordnung der LVB-Laufgruppe, die bereits 2012 in Wien und 2013 in Paris in der Formation Katrin Röhner, Uwe Wirsing und Andreas Gelhaar am Start stand. Auf Grund bisher nur guter Erfahrungen hatten wir uns wieder für den Sportreiseveranstalter interAir entschieden, der mit dem in diesem Jahr zum 15. Mal an den Start gehenden Uli Sauer dazu einen profunden Kenner des London-Marathons vor Ort hatte. Und dieser präsentierte dann auch im Rahmen einer einführenden Veranstaltung eine Menge interessanter Details und Informationen. Dass es schwer ist, an eine Startnummer heran zu kommen, das hatten wir schon 2013 erfahren müssen, als wir uns so Ende des Sommers bei interAir erfolglos nach einer Startkarte erkundigten. Dass die diesjährige 34. Auflage jedoch mit knapp 170.000 Bewerbern für die ungefähr 50.000 Startplätze mehr als dreifach überzeichnet war, dass war uns in dieser Größenordnung so nicht bekannt. Recht einmalig ist wohl auch die Konstellation, dass dabei die Zahl der Starter schon seit vielen Jahren „nur“ um die 35.000 beträgt. Der sehr hohe Schwund liegt offensichtlich daran, dass man sich bereits ein Jahr vor dem Ereignis bewerben muss und aus den verschiedensten, zum Zeitpunkt der Bewerbung nicht vorhersehbaren Gründen mit konstanter Regelmäßigkeit um die 15.000 nicht antreten. Der Veranstalter hat sich jedenfalls darauf eingestellt und hält auch nie so viele Finisher-Medaillen wie Startplätze bereit. Auf die Frage von Uli, welche Berufsgruppe wohl den größten Anteil der Starter stellt, kommt von den Zuhörern spontan die richtige Antwort: Es ist mit 1.408 die Lehrerschaft. Des Weiteren ist zu erfahren, dass die älteste Teilnehmerin 86 und der älteste Teilnehmer 89 Jahre alt sind. Sehr beachtlich ist der hohe Anteil von ins Ziel kommenden Frauen, der sich von 22 % im Jahr 2000 auf 36 % in den letzten beiden Jahren vergrößert hat und damit deutlich höher als z. B. mit 25 % in Berlin ist. International recht einzigartig ist wohl auch die sehr beachtliche Quote von um die 99 % ins Ziel kommenden Startern und die sehr geringe Ausländerquote, die so um die 10 % beträgt und damit gegenüber ungefähr 60 % in Berlin sehr bescheiden ausfällt. Diese Konstellation hat jedoch unmittelbar mit einer besonderen Eigenheit des London-Marathons zu tun, bei dem es sich um eine große Charity-Veranstaltung mit langer Tradition handelt. 2013 sollen durch das Sammeln von Spenden 53 Millionen Pfund zusammen gekommen sein. Es ist daher gegenüber der erreichten Laufzeit häufig wichtiger, für wen gelaufen und wie viel gesammelt wird. Dass das Ziel 8 Stunden lang geöffnet ist, ist dann auch am Ehesten in dem Zusammenhang zu sehen, den teilweise exotisch kostümierten und ausstaffierten Sammlern genügend Zeit zum Finishen zu geben. Einen ersten Eindruck bekommen wir davon schon bei der Marathonesse, wo uns ein Spenden einsammelnder „Kühlschrankmarathoni“ über den Weg läuft.

Für den Tag des Marathons ist Sonne pur avisiert. Der Frühstücksraum des Hotels ist ab sechs Uhr fest in Läufers Hand und gegen sieben geht es mit gecharterten Bussen zum Start in Greenwich. Das Startareal der blauen Startsäule befindet sich auf einer riesigen Wiese. Der jetzt recht unangenehme kühle Wind wird uns wahrscheinlich nachher sehr willkommen sein. Es ist alles professionell organisiert. Eine riesige Menge Dixis ist aufgefahren und es gibt Pinkelrinnen für Männer und Frauen! Katrin zeigt uns das eigens dafür entwickelte Hilfsmittel. Mit heißen Getränken lässt es sich im Windschatten eines großen Zeltes, in dem wir es uns bequem gemacht haben, gut aushalten. Die Zeit vergeht überraschenderweise recht schnell. Ich schaue mich nach einigen Fotomotiven um. Die drei hübsch gekleideten japanischen Läuferinnen Oko, Ruri und Eko im Röckchen lassen sich gern fotografieren. Das Versorgungsdepot eines Läufers weist darauf hin, dass nur an zwei Stellen Gel angeboten wird, ansonsten gibt es nur Getränke.

Diese jedoch reichlich. Interaktiver Streckenplan: copyright VLM Das Wetter wird von den Marathonis ganz unterschiedlich wahrgenommen. Einzelne nutzen die Sonne zum Pigmente haschen und andere sind dick angezogen bzw. wollen nicht jetzt schon von der Sonne belästigt werden. Den Start der Rollis kann man auf einer großen Videowand mit verfolgen. Dann das traditionelle Foto vor dem Start, Sachenbeutel abgeben und ab in den Startbereich. Mit uns ist noch Ralf, ein Marathoni aus Hamburg. Uwe ist standesgemäß ganz vorn eingruppiert, Katrin in der sechsten und ich in der siebenten von insgesamt neun Startgruppen. Und dann geht es durch die Zeitverschiebung eine Stunde früher zum ebenfalls um zehn startenden Leipzig-Marathon auf die Strecke. Die Startlinie überqueren wir bereits nach 10 min. und nach einer viertel Stunde Laufzeit mit ständigem Auflaufen und permanenten Überholen passiere ich eine aus vier uniformierten Starterinnen bestehende Gruppe, die ein Kunststoffpferd nebst Spendentöpfen über die Strecke trägt. Und angesichts dessen, dass bei Einzelnen schon jetzt deutliche Verschleißerscheinungen zu erkennen sind, frage ich mich schon, was da für eine Zielzeit angegeben wurde, und ob es sinnvoll war, bei meiner Meldung da ehrlich gewesen zu sein.

Auch der Kühlschrankmann ist vor mir gestartet. Eine Starterin nutzt die Laufzeit zum Stricken und dann kommt ein Marathoni ins Blickfeld, der ein Londoner Wahrzeichen mit sich trägt. Der hat es jedoch mit seiner Telefonzelle wahrscheinlich einfacher als die Läufergruppe, die 2013 in Paris einen nicht gerade kleinen Eifelturm über den Parcours geschleppt hat. Der Veranstalter ist sehr aufmerksam und hat vor jeder zur Verkehrsberuhigung dienenden Straßenerhebung einen Streckenposten mit entsprechendem Hinweisschild platziert. Die Zuschauer formieren sich jetzt langsam beidseitig der Strecke, natürlich ist Abklatschen angesagt. 5 Meilen sind mittlerweile geschafft. Die Streckenmarkierung mit Meilenangaben hat den Vorteil, dass man nur 26 Einheiten anstelle von sonst 42 bewältigen muss. Aber auch Kilometerangaben sind natürlich vorhanden, aller 5 km wird die Zwischenzeit erfasst.

Nach Meile 5 steht auch eine große Band, die sich ordentlich ins Zeug legt. Zwischen Meile 3 und 25 gibt es aller einer Meile Getränkestellen, an denen von einer Vielzahl von Helfern stilles Wasser in Plastikflaschen gereicht wird. Zwei typisch englische Bobbys sind am Straßenrand postiert. Insgesamt ist jedoch auffallend wenig erkennbares Sicherheitspersonal auszumachen. Bei Meile 6 wird das historische Segelschiff Cutty Sark umrundet. Der im Jahre 1869 fertig gestellte elegante Dreimaster war eines der schnellsten seiner Zeit und wurde 1954 in einem speziellen Trockendock aufgelegt. 2007 brannte es nahezu vollständig ab und wurde nach der Restaurierung 2012 wiedereröffnet.

Hier bekommt man auch das erste Mal den ganzen Elan einer in mehreren Reihen stehenden Zuschauerkulisse zu spüren. Und wenn der doch mal etwas nachlässt, dann kommt auch prompt eine entsprechende Aufforderung aus den Läuferreihen, wieder etwas zuzulegen. Und durch den hohen Frauenanteil im Starterfeld ist es natürlich auch in dieser Beziehung überhaupt nicht langweilig. Wie im vergangenen Jahr in Paris ist auch heute u. a. ein nett anzusehendes Häschen mit im Pulk dabei. Eine Band hat sich auf dem Vordach eins Pubs platziert und ist dadurch besonders gut zu hören. Und natürlich ist auch damit deren Versorgung gesichert. Neben den üblichen kostümierten Startern sind im Marathonfeld auch einige Herren der Schöpfung auszumachen, die die knappe Bekleidungsvariante bevorzugen und denen die Aufmerksamkeit der Zuschauer damit gewiss ist. Einer scheint sich auch aus der Wrestling- Szene hierher verirrt zu haben.

Bei Meile 11,5 hat interAir einen Fotopunkt. Uwe, Ralf und Katrin sehen gut aus, Uli steht die Freude über sein Jubiläum deutlich ins Gesicht geschrieben. Die Posen wurden übrigens vorher nicht geprobt. Nach Meile 12 wird eine weitere Sehenswürdigkeit Londons passiert. Es geht über die gewaltige Tower-Bridge auf die Nordseite der Themse. Hier stehen die Zuschauer in dichtester Packung und machen einen ohrenbetäubenden Lärm. Nach der Tower- Bridge geht es nach rechts, was angesichts des links liegenden Zieles erst mental zu verarbeiten ist. Dann wird die Halbmarathonmarke passiert, was zwar nur die halbe Miete ist, aber immerhin. Vor mir taucht ein Läufer im Kirchengewand auf. Mir kommt der Gedanke, dass es vielleicht der Buße tuende Bischof Tebartz-van Elst aus Limburg ist. Er ist es aber nicht.

Hier ist jetzt ein ca. 1,5 Meilen langer Streckenabschnitt, wo uns Läufer entgegen kommen, die ungefähr 9 Meilen Vorsprung haben. Das sind auch u. a. ein Marathoni mit Prothesen an beiden Beinen und eine blinde Läuferin, die geführt wird. Und die sind alle nicht gerade langsam unterwegs. Wir sind jetzt auf der Halbinsel Isle of Dogs und laufen durch die Docklands, dem ehemaligen Hafen Londons. Hier haben die Architekten um die Hafenbecken postmodern aussehende Bürohäuser einschließlich des 250 m hohen Canary Wharf Towers hochgezogen. Ob dieser Teil Londons auch mit zu der Kategorie von neu erbauten Gebäuden zählt, zu der sich Prince Charles mal in der Weise geäußert haben soll, dass die Architekten Londons für das Stadtbild mehr Schaden angerichtet hätten, als die deutschen Bomber im 2. Weltkrieg, ist allerdings nicht bekannt. Hier steht auch ein Fan von Steve und eine Trommelgruppe legt sich mächtig ins Zeug. Wo bei den sonstigen Marathons auf den Lauf-Shirts häufig der Laufverein oder witzige Sprüche zu sehen sind, ist hier fast ausschließlich der Charity-Gedanke des Marathons präsent. Die am einheitlichen Outfit zu erkennenden Spenden sammelnde Vereine sind natürlich auch am Streckenrand zugegen und feuern ihre laufenden Mitstreiter an. Ein Kinderchor spornt mit seinen Liedern die Läufer an. Eine Besonderheit des London- Marathons ist, dass Helfer am Streckenrand stehen, die aus kleinen Dosen eine weiße Substanz anbieten. Dabei handelt es sich nicht, wie man vielleicht vermuten könnte, um Salz, sondern um Vaseline zur Behandlung wund geriebener Körperstellen.

Zwischen Meile 21 und 23 haben wir nun den Blick auf die Marathonis, die hier noch gut 9 Meilen vor sich haben, darunter ist auch Viktoria. Ein sich wirklich heftig schindender Rollifahrer erzeugt ein Anfeuerungsinferno, das einfach der Hammer ist. Unter normalen Umständen hätte er vielleicht schon aufgegeben, in London kann man das einfach überhaupt nicht. Aber vielleicht motiviert ihn auch das Mädel einer Trommelgruppe, die sich sehr schön im Rhythmus bewegt. Jetzt sind es nur noch ungefähr drei Meilen bis zum Ziel. Es geht vorbei am vor knapp eintausend Jahren erbauten Tower, der über viele Jahrhunderte Sitz von Monarchen und Kerker für deren Feinde in einem war. Die Strecke taucht jetzt ab in einen langen Straßentunnel, was gleich zwei Vorteile mit sich bringt. Für alle einen schattigen Streckenabschnitt und für die Müden, die Möglichkeit, ein Stück zu gehen, ohne dass man vom Publikum gesehen werden kann. Beim Abtauchen in den Tunnel begleitet uns das „Rumford Drum & Trumpet Corps“.

Im Tunnel hängen in regelmäßigen Abständen leuchtende Ballons, deren Aufschriften für den letzten Teil der Stecke zur Motivation beitragen sollen. Nach dem Verlassen des Tunnels lohnt ein Blick zurück, die Zuschauerkulisse ist wirklich vom Feinsten. Auch jetzt wird man immer noch eifrig abgeklatscht, insbesondere Kinder sind dabei sehr aktiv. Auf dem Victoria Embankment, der Promenadenstraße an der Themse, wird Meile 25 passiert. Das Parlamentsgebäude mit dem Big Ben ist zu sehen, ein untrügliches Zeichen, dass wir den letzten Kilometer unter den Füßen haben. In Höhe der Westminster Bridge, auf der früher mal das Ziel war, geht es dann rechts ab über den Birdcage Walk in Richtung Buckingham Palace.

600 m vor dem Ziel ist noch mal ein Fotopunkt und dann sieht man auch schon den königlichen Springbrunnen, hinter dem sich nach einer Rechtskurve unmittelbar das Ziel befindet. Mein heutiges Vorhaben, mal wieder unter 4 Stunden zu bleiben und trotzdem viele Eindrücke im Bild festzuhalten, gelingt sehr sicher. Es gibt die Finisher- Medaillen, von der beruhigenderweise noch jede Menge da sind, und dann wird der Chip vom Schuh abgeschnitten. Dafür müssen alle über einen Laufsteg, so dass dies von den Helfern leicht zu machen ist. Der Zielbereich befindet sich in der Mall. Hier sind auch die LKW mit den Sachenbeuteln aufgestellt. Die Helfer haben trotz der Unmenge von Beuteln die Ausgabe voll im Griff, man hat keinerlei Wartezeit. Der ganze Ablauf ist auch im Zielareal absolut professionell durchorganisiert.

Der riesige Platz am Ende der Mall ist durch eine fast unüberschaubare Menschenmenge von Aktiven und deren Angehörigen zum Brechen gefüllt. Überall befinden sich große Fahnen, Plakate und Luftballons, die den Standort der jeweiligen Treffpunkte signalisieren. Die Ambulanz hat auch Einiges zu tun, um geschlauchte Marathonis zu versorgen und wieder auf Vordermann zu bringen. interAir hat für jeden Finisher eine schön gekühlte Büchse Bier parat. Und während ich noch auf der Strecke bin, sind Uwe und Ralf bereits beim Genießen des labenden Getränks. Die Marathon-Helden haben fast alle ihre persönlichen Zielstellungen erreicht. Uwe hat die 3-Stunden-Marke souverän unterschritten und hadert mit der Sonne, die ihm gut zwei Minuten gekostet hat. Ralf bleibt auch sicher unter den angepeilten 3½ Stunden. Bei mir ist auch genügend Luft bis 4 Stunden, wobei jedoch durch die von mir seit 5 Jahren erstmalig wieder zugelassene im Genick sitzende Uhr dazu geführt hat, dass die Fotomotive nicht durchgängig meinen Erwartungen entsprechen. Katrin hat einen kleinen Schönheitsfehler in der Bilanz, sie schrammt knapp an unter 5 Stunden vorbei. Da hat wohl der sanfte Druck eines männlichen Begleiters gefehlt.

Das abendliche Zusammensein von interAir geht im Pub „Hand & Flower“ über die Bühne. Die Angebotspalette an Bier ist, wie zu erwarten, sehr breit und wird sehr dekorativ am Tresen angeboten. Und natürlich zischt der Gerstensaft nach dem heutigen Tag ganz ordentlich. Während die Bilder des Tages auf einer großen Leinwand als Diashow laufen, fasst Uli den Marathon in einer kurzen Auswertung zusammen. Und dann kommt die Auslosung der Tombola. interAir-Chef Achim Wricke lässt die Glücksfee in den Lostopf greifen und die Gewinner eines Freistartes beim nächsten Düsseldorf- Marathon ziehen. Und wie es der Zufall will, gehört Katrin durch einen Zahlendreher beim Ablesen der Losnummer im nächsten Jahr zu den Auserwählten. Ein weiterer Glücksumstand ist, dass es in Düsseldorf nur die volle Distanz gibt. Denn Gerüchten zufolge wollte sich Katrin eigentlich unverständlicherweise zukünftig mehr den halben Sachen widmen.

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