Die „Stammgäste“ waren natürlich auch in diesem Jahr dabei, wenn sich das auch im Vorfeld der Veranstaltung wieder mal als gar nicht so selbstverständlich dargestellt hatte. Obwohl von Uwe im Laufe fast des ganzen Jahres 2014 immer wieder mal thematisiert, stellte sich das dann, als es mit der Teamzusammensetzung ernst wurde, immer wieder als zäh zu lösendes Problem dar. Dabei muss man schon fast zu der Vermutung kommen, dass einzelne in Frage kommenden Kandidaten ihre Urlaubsplanung so ausrichten, dass sie zum besagten Termin ganz sicher nicht in den heimischen Gefilden weilen. Na jedenfalls gibt es zum Glück noch die Kämpfer, die keine Ausreden haben und den Optimismus aufbringen, das Ding durch zuziehen. Hendrik ist so einer, der einfach sagt er macht es und das dann nach wirklich minimaler Vorbereitung mit großem Einsatz durchzieht.

Nachdem es fast die ganze Nacht geregnet hatte, ist der Veranstalter um eine möglichst wenige Handicaps aufweisende Strecke bemüht. Als ich anrolle, kehrt man gerade die Pfützen auf dem Fußweg der Karl-Tauchnitz-Straße aus. Die erste Überraschung gibt es dann bei der Abholung der Startunterlagen: Dieter kommt uns mit bereits angehefteter Startnummer entgegen. Spontaner Entschluss, nach dem der Soljankalauf für ihn gut über die Bühne gegangen war. Und da Ute sowieso auch die ganze Distanz mitlaufen will, ist die LVB-Laufgruppe auf einmal in der Situation, dass wir ja fast zwei Teams hätten aufstellen können. Auch das sollte wohl noch mal gründlich ausgewertet werden. Damit keine falschen Vorstellungen aufkommen: es geht um einen Trainingslauf, nicht darum etwas zu reißen. Und da die Teilnahme an einem Frühjahrsmarathon bei vielen sowieso auf dem Zettel steht, sollte das doch eine gute Gelegenheit sein, die Vorbereitung dafür schon frühzeitig mit einem langen Kanten zu beginnen. Soviel dazu.

Der Start geht so ziemlich pünktlich um elf über die Bühne. Ich sehe als höchste Startnummer eine 91, also ist auch die Resonanz auf die Veranstaltung, wie gehabt, sehr gut. Es ist wie in den letzten Jahren alles perfekt organisiert. Andreas Claus moderiert als Szenekundiger die Veranstaltung und an der Strecke haben sich mit Horst Teichert, Henning Mroczkowski und anderen einige Koryphäen der Leipziger Laufszene eingefunden. Und natürlich hat unser Wolfgang in gewohnter Manier an der Rennbahn sein Zelt aufgeschlagen und unterhält die gesamte Läufergemeinde sowie die beiden dort stehenden Streckenposten mit flotten Rhythmen. Auch sonst ist die Unterstützung der Laufgruppe für die laufenden Helden sehr gut. Peter Elbinger, nach seiner OP noch in der Schonphase, ist an der Strecke anzutreffen. Hajo hat sich mit bei Wolfgang platziert und hält bis ganz zum Schluss durch. Allerdings hat er auch Wolfgangs Kofferraum als Verpflegungsstelle stets in seiner unmittelbaren Nähe, sodass es sich da bestimmt ganz gut aushalten lässt. Katrin nutzt den Anlass, um selbst auch ein Stück zu laufen. Und natürlich ist auch Bernard dabei und hält das Geschehen in einigen Fotos fest.

Die Strecke ist gut zu laufen, nur an der Nonne geht es ein Stück durch recht schlammiges Geläuf, ist aber erträglich. Auch die Versorgung lässt keine Wünsche offen, sogar der Klassiker Haferschleim ist im Angebot. Mittlerweile hat sich auch Michael Koch zu uns gesellt und da auch Kathleen Fell vom LFV Oberholz uns ein Stück begleitet und Ute sowieso bei uns mitläuft, sind wir zwischenzeitlich als sechsköpfiges Team unterwegs. Wir haben uns innerhalb des Teams verständigt, dass zur Vermeidung eines zu schnellen Beginns das Tempo durch mich gemacht wird und wir auf einen 6er Schnitt für den Kilometer orientieren. Das bekommen wir mit um die 29 Minuten für die ersten Runden bis km 25 auch ganz gut so hin. Dieter und seine beiden Nordlichter aus der Teambörse, die anfänglich schon außer Sichtweite waren, erreichen wir bei ungefähr km 20.

Dieter sieht nicht mehr frisch aus und muss zu diesem frühen Zeitpunkt, so mein Eindruck, schon etwas knautschen. Aber auch bei uns zeigt sich ab der sechsten Runde, dass die Vorbereitung speziell für Hendrik doch recht schmal war und wir nun somit etwas über 31 Minuten für diese 5 km brauchen. Und es ist auch nicht zu übersehen, dass es bei Hendrik nicht mehr so rund wie am Anfang läuft und wir uns nun auf einen Schnitt von 7 bis 8 Minuten für den Kilometer einpegeln. In so einer Situation, in der es immer schwerer wird, zeigt sich dann auch ganz klar der Nachteil eines Rundenkarussells.
Nach 35 km, wo man eigentlich schon ordentlich platt ist und sich nichts sehnlicher als das Einschwenken in die letzte kleine Runde wünscht, sich aufzuraffen und nochmals auf eine soooo lange Runde zu gehen, da muss man schon Kämpferqualitäten haben. Und die hat Hendrik. Ohne zu klagen macht er sein Ding. Aber das sind nun mal auch die Gesetze eines Teamlaufes. Einer hat meistens die A…karte und ist der langsamste der drei. Es ist dann Sache der beiden Mitstreiter ihn zu motivieren und die Situation für ihn halbwegs erträglich zu gestalten. Aber auch das funktioniert. Es zieht keiner vorn weg und auch unsere Begleitläuferin Ute, der man, wie gewohnt, in keiner Art und Weise auch nur irgend eine Art von Anstrengung ansieht, läuft ganz diszipliniert in der Gruppe mit.
Und dann kommt nach km 30 etwas Verwirrung auf, als Dieters Mitstreiter zunächst nur noch zu zweit zu sehen sind und auf einmal doch wieder ein komplettes Team an uns heran rollt. Dieter klärt den für mich und insbesondere wohl auch für ihn sehr einmaligen Fall dann auf. Zustandsbedingt hatte er sich nach der sechsten Runde von seinen Mitstreitern verabschiedet und dann aber nur wenig später den absoluten Sinneswandel erfahren. Vorbei die Zeiten, wo beim Leipzig-Marathon schon mal in der letzten Runde in die Niederkirchner Straße, damals noch sein Wohnsitz, abgebogen und die Absolvierung der gesamten Distanz den anderen Marathonis überlassen wurde. War es nun tatsächlich die Cola, nach meinen Erfahrungen tatsächlich ein sehr geeignetes Getränk für die Unterwegsverpflegung, oder kann man tatsächlich auf Befehl dem Körper signalisieren, dass es nun doch weiter geht? Eins scheint sich jedenfalls auch hier wieder zu zeigen: Marathon ist zu einem großen Teil Kopfsache. Und diese Tatsache beweist Hendrik dann auch in absolut eindrucksvoller Manier auf der kleinen Schlussrunde. Nach dem hinter uns das sich stetig annähernde Team der Auewaldhexen auszumachen ist, signalisiere ich Hendrik, dass auch bei solch attraktiven Hexen Vorsicht geboten ist und wir doch mit einem Schritt schneller reagieren sollten. Und auf meine Anmerkung, dass ich seinen nun deutlich flotteren Schritt nicht erwartet hätte, meint er nur ganz lakonisch, dass er noch schneller kann und stürmt davon. Ich bin völlig baff. Wenn ich mich mal in so einem Zustand befunden habe, wie zum Beispiel ein Jahr zuvor zusammen mit Antje Müller und meiner Tochter Anne, da ging dann gar nichts mehr. Dieters JAH-Team macht dann zwar zum Schluss uns gegenüber noch gut 4 Minuten wett, was aber auch nicht wirklich wichtig für uns ist. Wir unterbieten die von mir in der letzten Runde hoch gerechnete Zeit von 4:25 h ganz knapp und kommen damit erwartungsgemäß ins Ziel.

Siegerehrung und geselliges Zusammensein findet dann nach schöner heißer Dusche in der Sporthalle statt. Der Erfolg wird gleich erstmal mit einem labenden Bier begossen und nach einer halben Stunde kann dann Hendrik wieder feste Nahrung zu sich nehmen, sodass auch in dieser Beziehung langsam wieder Normalität einzieht. Da uns Dieter die Finisher-Torte seines Teams überlässt und wir die unsrige damit für Montag aufheben können, genehmigen wir uns diese ganz kulturvoll auf Keramikgeschirr, das Ute „zufällig“ in der Tasche hat. Und angesichts dessen, dass Uwe auch mal gern so einen Schneekristall haben würde, wie ihn die Platzierten bekommen, wird schon mal ein Jahr weiter gedacht. Die einzige Chance das mal mit einem Team der LVB-Laufgruppe hinzubekommen besteht in der Mixed-Staffel. Aber auch hier hängen mit einer dafür erforderlichen Zeit von um die 3:30 h die Trauben sehr, sehr hoch.
Andreas Gelhaar
22.05.2015