Laufberichte zu erstellen macht eigentlich nur wirklich dann richtig Spaß, wenn es auch gut gelaufen ist. Aber es gibt nun mal auch die andere Seite der Medaille. Und die hat wohl fast jeder Läufer schon mal kennen lernen müssen. Die Parole „Schneekristall“ war zwar letztendlich doch noch erfolgreich, aber nur durch Mithilfe des Veranstalters. Er hatte in diesem Jahr erstmalig jedem Finisher einen Schneekristall spendiert. Aber so war das eigentlich nicht geplant. Uwe und ich hatten sich als Team Stammgäste berechtigte Hoffnungen auf einen Treppchenplatz gemacht. Mit der sehr sicheren Bank Antje Müller im Boot in der Mixed- Wertung und dann noch in der Kategorie Ü150. Nach guter Vorbereitung mit immerhin 10 langen Kanten über 35 km, mehrmaligem Intervalltraining und einigen Tempodauerläufen war ich guter Dinge die vorgesehenen 5 Minuten für den km laufen zu können. Die mich seit Wochen quälende Adduktorenzerrung, die nach der einschlägigen Literatur nur durch Eliminierung der Belastung, also Aussetzen des Laufens, wirklich in den Griff zu bekommen ist, hat mir letztendlich das Ding versaut. Trotz IBU vor dem Start und ausgiebigen Einlaufen hatte ich in der letzten Zeit ganz offensichtlich eine Schonhaltung eingenommen, sodass ein rundes Laufen in Verbindung mit Schmerzen nicht bis zum Schluss möglich war.
Aber der Reihe nach. Das Wetter hatte sich zwar nun doch in Richtung Winter entschieden, aber die angekündigten Minustemperaturen waren mit um die Null Grad nicht wirklich eingetreten und auch mit Schneefall war kaum etwas passiert. Das Geläuf war also wie gewohnt: die Parkwege mit einigen Pfützen und auf den wenigen Waldpassagen tiefer und matschiger Boden. Beim Einlaufen ist Wolfgang bereits an der gewohnten Stelle an der Rennbahn und baut seinen „Unterstützungspunkt“ auf. Die Veranstaltung hat sich bei der nun mittlerweile 7. Auflage fest im Laufkalender etabliert. 85 Teams haben gemeldet. Der Start geht pünktlich über die Bühne und unser Team kommt gut ins Rollen. Wir laufen schön gleichmäßig das geplante Tempo. Nach der ersten 5-er Runde hat der Dienst habende Moderator einige Mühe in seinen Unterlagen unseren Team-Namen zu finden. Wir helfen gern. Das gleiche Szenario wiederholt sich dann auch bei den nächsten Runden, wir helfen wieder gern. Da sind wir doch mit Andreas Claus etwas verwöhnt, der hätte das auch ohne nachzuschauen gewusst und dazu auch noch die Team-Mitglieder aus dem Handgelenk parat gehabt. Ich merke schon Ende der dritten Runde, dass das heute wohl nicht so werden wird, wie ich mir das vorgestellt habe. Meine beiden Oberschenkel machen gar keinen guten Eindruck und ich fühle mich so, als ob ich schon mindestens zwei Runden mehr hinter mir habe. Und das ist zu diesem Zeitpunkt, wo man noch nicht mal die Hälfte im Kasten hat, überhaupt nicht gut. Bis km 20 halten wir dann zwar unser geplantes Tempo, aber dann fangen die Oberschenkel bereits leicht zu streiken an. Schon nach der halben Streckenlänge sich das Ankommen nur schwer vorstellen zu können, das hatte ich lange nicht.
Mittlerweile ist die LVB-Laufgruppe im Park gut präsent und unterstützt uns nach Kräften. Simone und Ute drehen ihre obligatorische Sonnabendrunde und begegnen uns zwei mal. Ute bringt es auch auf immerhin 30 km. Dieter, der bisher alle Winter-Marathons mit gemacht hat und dem heute sicher das Herz etwas blutet, ist von Lützschena zu Fuß hier her gekommen und absolviert die gleiche Streckenlänge mit einer Mischung aus Gehen und leichtem Traben. Bernhard, der schon bei Zeiten an der Strecke ist und das Geschehen im Bild fest hält, hat sich genau wie Hajo bei Wolfgang eingefunden. Letzterer sicher nicht zuletzt auch aus dem Grund, dass im Kofferraum von Wolfgangs Fahrzeug immer ein Bierchen zu finden ist. Karin und Peter Elbinger sind da. Und Katrin kommt uns auch laufenderweise entgegen. Zum Glück ist heute wenig Wind, sodass es für die Zuschauenden trotz der Temperaturen wohl ganz erträglich ist.
Mittlerweile schleift das Tempo immer mehr. Das Angehen jeder neuen Runde kostet Überwindung. Und ich muss ehrlicherweise eingestehen, wenn ich nicht im Team unterwegs wäre, dann hätte ich schon mal eine Gehpause eingelegt. Da sind dann so die Momente, in denen man sich fragt, warum man sich das eigentlich antut. Aber da erinnere mich an das vor einiger Zeit mit Iron-Man Sebastian Kienle gelesene Interview, das mit „Der Kopf sagt: Hör doch endlich auf“ überschrieben war: „Das Allerschlimmste nach einer Aufgabe ist doch, dass es sich nur fünf Minuten gut anfühlt – wenn der Schmerz nachlässt. Ist das vorbei, kommen fünf Monate Frust. Das muss man sich einhämmern. Etwas zu überwinden, wo man eigentlich aufgeben will: Das ergibt später erst das gute Gefühl“. Wer das verinnerlicht hat, der hat es geschafft.
Da auch eine weitere IBU keine Besserung bringt, schleife ich mich mehr schlecht als recht über die Runden. Meine beiden Mitstreiter sind sehr verständnisvoll. Ich ärgere mich eh am Meisten darüber, dass ich nicht von meinem doch nicht geringen Trainingsaufwand profitieren kann. Zum Schluss gesellt sich noch Ralph dazu und begleitet uns. In der letzten Runde versuche ich mich bei Wolfgang mit einigen Schluck Bier wieder etwas zu motivieren. Es hilft aber leider nicht wirklich. Die kleine Zugaberunde am Ende kann ich, so zumindest mein Eindruck, noch mal ein kleines Stück flüssiger laufen und dann haben wir das Ding nach 3:54:23 h im Kasten. Wolfgang hat es in seiner abendlichen mail sehr freundlich mit „deutlich unter vier Stunden“ bewertet. Die sehr schön heiße Dusche belebt meine Lebensgeister dann ganz schnell wieder. Ja und insgeheim bin ich doch etwas stolz, dass ich das Ding unter diesen widrigen Umständen nach Hause gebracht habe. Dann nehme ich noch den vom Veranstalter angebotenen Service in Anspruch und lass mir meine Oberschenkel massieren. Dabei ist nicht zu verkennen, wo heute das Problem gelegen hat. Dass die Mädels auch immer so sadistisch veranlagt sind. Ja und dann lassen wir es uns bei Bier, Kaffee und Kuchen gut gehen und den Marathontag ausklingen. Auf ein Neues im Jahr 2017! Uwe wird es mit Freude lesen.
Viele Grüße Euer
Andreas
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Anonymous
?Andreas, wieder ein klasse Bericht!!
Den Abspann habe ich natürlich mit Freude gelesen!!!
Ich bin natürlich auch wieder gern ein „Stammgast“
Danke noch mal an alle Unterstützer an der Strecke, dem LVB Fanclub.
Uwe