Wie „Rund um Leipzig“ ist der „Soljanka-Lauf“ auch so eine in der LVB-Laufgruppe geborene Veranstaltung, die es schon gefühlt ewig gibt. Und wenn es nicht solche Statistikfreaks wie Jürgen Schönfelder gäbe, wüsste auch keiner so richtig seit wann sich da zwischen Weihnachten und Neujahr ein Häuflein Ausdauerbesessener zu einem Läufchen so um die 30 km im Leipziger Norden getroffen hat. Und es ist in diesem Jahr tatsächlich schon die 11. Auflage, da kann man wohl nicht ganz unberechtigt von einem kleinen Klassiker sprechen. Trotz aller Traditionen war dieses mal eine recht gravierende Veränderung notwendig, wenn die Sache ohne Unterbrechung am „laufen“ gehalten werden sollte. Nicht vorstellbar – aber einem Urgestein der LVB-Laufgruppe sowie Mitinitiator, bisherigem Organisator, stetigem Teilnehmer und Gastgeber der Soljanka-Party, Dieter Ullrich, hatten die Ärzte kürzlich Laufverbot erteilt!!!
Damit stand die Frage: Ausfall oder Alternative? Aber eigentlich stand die Frage gar nicht wirklich. Zumindest nicht, wenn eine Laufgruppe solche Aktivisten wie Uwe Wirsing hat. Für ihn überhaupt kein Thema, dass das eventuell ausfallen könnte. Und manchmal bieten solche neuen Umstände ja auch neue Gelegenheiten, wie z. B. die, das Streckenangebot zu erweitern. Eine Möglichkeit, die für die traditionelle Strecke von Lützschena zum Raßnitzer See und zurück natürlich nie bestanden hatte. Da für manch einen um diese Jahreszeit eine „30“ eben mal nicht einfach so locker aus dem Ärmel zu schütteln ist, konnte mit dem Angebot kürzerer Strecken auch diese Klientel interessiert werden. Und das funktionierte tatsächlich auch. Während die von Uwe kreierten 26 km kein Interesse fand – was ja auch irgendwie logisch ist, da man dann auch gleich die 31 km laufen kann – waren mit Ines, Simone, Ute und Michael auf der Strecke über 19 km gleich vier Aktive unterwegs. Die fünf auf dem langen Kanten waren alle auch schon im vergangenen Jahr am Start. Einziger weiblicher und, da es dem Soljanka-Lauf internationalen Charakter verleiht, wohl auch spektakulärster Teilnehmer ist dabei in diesem Jahr Michael Kochs Tochter Juliane McHugh. Sie hat es sich wohl mittlerweile zur Angewohnheit gemacht, zu wichtigen Läufen, wie z. B. dem Berlin-Marathon oder eben auch dem Soljanka-Lauf, von der Insel herüber nach Deutschland zu kommen. Als experimentierfreudig ist ja Hendrik nicht ganz unbekannt (siehe die spontane Teilnahme an den 300 Radkilometern der Mecklenburger Seen Runde oder auch am Winter-Marathon in diesem Jahr). Obwohl seit drei Wochen verletzungsbedingt ohne Laufkilometer, stand die Nichtteilnahme wohl gar nicht zur Debatte. Aber auf die Idee mal kleinere Brötchen zu backen und vielleicht nur die 19 km zu laufen, ist er natürlich nicht gekommen. Bernhard hält die Fahne der in unserer Laufgruppe aktiven M70-Senioren hoch. Wenn auch in den letzten Wochen über 10 km in den Trainingsrunden nicht groß hinaus gekommen, will er den langen Kanten heute angehen. Na ja, und über Uwe muss man angesichts eines anstehenden Trainingslaufes über eine etwas längere Distanz keine Worte verlieren. Und für mich stand angesichts des in drei Wochen zu absolvierenden Wintermarathons und der dafür von Uwe heraus gegebenen Parole „Treppchenplatz in der Mixed-Staffel oder Ü150-Wertung“ eine Alternative sowieso nicht zur Debatte.
Ganz wichtig war im Rahmen der Vorbereitung natürlich auch die Organisation der Verpflegung, die im Norden von Leipzig stets von Dieters Nachbar Klaus Kramer sehr zuverlässig übernommen wurde. Als Fahrradbegleiter steht, wie im vergangenen Jahr, der Professor zur Verfügung. Ja und dann hatte sich dafür ganz plötzlich noch eine weitere Personalie qualifiziert. Unser in der M55 startender Arroganzfrührentner Helge hatte sich vor kurzem von jetzt auf gleich ein Knieproblem zugezogen und stand damit durch dieses Handicap ebenfalls für diese Aufgabe bereit.
Das Wetter ist ideal. Der bisher nicht vorhandene Winter beschert uns sozusagen Bestzeitbedingungen: 10 Grad, bewölkt und fast windstill. Nichts ist da von einem eisig kalten Wind vorhanden, der im vergangenen Jahr bei -7°C vor allem dem Professor auf dem Rad sehr zugesetzt hatte. Der traditionelle Starttermin um 9.30 Uhr wird beibehalten. Nach dem obligatorischen Startfoto, auf dem nur Jürgen wegen einer wieder mal durch die Deutsche Bahn verursachten Verspätung fehlt, geht es für alle an der Stadtmühle 1c gemeinsam recht pünktlich auf die Strecke, die zunächst gegen den Uhrzeigersinn auf die Runde um den Markkleeberger See führt. Jürgen muss sich mit einer Alternative begnügen, umrundet den Markkleeberger See zwei Mal und kommt dabei auch auf 19 km. Begleitet wird er dabei von Katrins Neffe Erik, seines Zeichens auch Mitglied der Sportgemeinschaft LVB. Ja und Katrin und Elke umkreisen Uwes Haussee auch ein mal.
Schon nach knapp 4 km müssen sich die Teilnehmer der 19- und 31 km-Strecke leider voneinander verabschieden. Hier sollte für 2016 doch mal geprüft werden, ob die Trennung bei Beibehaltung der bestehenden km-Zahl nicht vielleicht auch erst an der Schleuse möglich ist. Es läuft sich gut und locker auf den ersten Kilometern, aber anders darf das ja auch zu diesem Zeitpunkt gar nicht sein. Die km-Zeiten liegen zwischen 5:30 und 5:40 Minuten, vielleicht für einige angesichts der anstehenden Streckenlänge ein Tick zu schnell. Es geht auf durchweg asphaltierten Wegen vorbei am Rückhaltebecken Stöhna immer in Richtung des Kirchturmes von Rötha. Die Kühltürme des Kraftwerkes Lippendorf sind auf einmal auch gar nicht mehr so weit weg. Nach ca. 10 km schwenkt die Strecke dann nach Osten ab und erreicht bei km 13 die erste Verpflegungsstelle an der Südspitze des Störmthaler Sees. Im Kofferraum von Helges Auto befindet sich alles, was das Läuferherz so begehrt: Tee, Banane und all die anderen Dinge gehen gut. Wohl gestärkt geht es jetzt auf dem breiten Asphaltweg direkt am See entlang in Richtung Nord bis zum Ferienressort Lagovida. Diese bis dahin ca. 3 km lange Passage hat es bei Wind, und der ist eigentlich fast immer hier, absolut in sich. Wer den Störmthaler See hin und wieder mal umrundet hat, der weiß wovon ich spreche. Ich habe hier schon regelrecht gestanden. Es gibt nichts, was da irgendwie Schutz bietet. Es sein denn, man hat eine Fahrradbegleitung dabei. Aber heute ist Wind absolut kein Thema. Wir laufen vorbei am im Winter geschlossenen Vineta-Bistro und passieren den Hafen und die Feriendomizile. Während wir bis jetzt das anfängliche Tempo gut halten konnten, machen sich jetzt bei Bernhard und Hendrik die fehlenden Langstreckentrainingskilometer doch bemerkbar. Aber die zweite Verpflegungsstelle bei km 22,5 oberhalb des 11%-Berges ist Motivation genug, es bis dahin noch zu schaffen. Uwe und ich eskortieren Bernhard und Juliane begleitet Hendrik, der zum Schluss wieder mal ungeahnte Reserven frei setzen kann und uns vor der Verpflegungsstelle noch recht zügig davon zieht. Wir stärken uns ausgiebig und sind nun für die letzten reichlich 8 km gut gewappnet. Hendrik und Bernhard steigen zu Helge ins Auto und fahren zum Ziel.
Juliane sieht noch ausgesprochen fit aus, die Koch’schen Gene kann sie nicht verleugnen. Und da ich mich auch gut fühle, erinnere ich mich daran, was Uwe vor einigen Wochen mal zu mir gesagt hatte. Nämlich dass wir zum Soljankalauf ja mal etwas Endbeschleunigung, ein probates Trainingsmittel aus dem Greif-Trainingsplan für die Marathon-Vorbereitung, machen können. Da es unmittelbar mit leichtem Gefälle weiter geht, fällt das erstens nicht so schwer und zweitens auch gar nicht auf, dass es jetzt etwas zügiger zur Sache geht und wir den nächsten km in 4:45 Min. laufen. Und diese Zeit können wir auch die nächsten weiteren 6 km gut halten bzw. mit 4:30 auf dem letzten straffen Kilometer sogar noch unterbieten. Juliane ist zwar zwischenzeitlich mal etwas irritiert, dass die Post so sehr abgeht und auch recht froh, dass es dann zu Ende ist, hält aber die ganze Zeit ohne zu murren sehr bravourös durch. Da ein langer Kanten mit Endbeschleunigung nach meiner Erfahrung eines der härtesten Trainingsmittel ist, kann das auch nur wirklich jemand gut realisieren, der richtig topp im Stoff steht. Und das scheint bei Juliane ganz eindrucksvoll der Fall zu sein. Ihre bereits lang andauernde Abstinenz vom metrischen System zeigt sich übrigens darin, dass sie mehrfach die uns natürlich nichts sagende Meilenzeit ansagt. Auf dem letzten Kilometer nehmen wir dann das Tempo heraus und traben locker durchs Ziel.
Das zeitlich gestaffelte Ankommen der Aktiven hat den Vorteil, dass das Bad in Uwes Domizil nicht zum Engpass avanciert und alles ganz entspannt über die Bühne geht. Ja und nun zeigt sich bei der, wie man heute neudeutsch häufig sagt, After-Marathon-Party, die zweite starke Seite von Uwe. Es ist alles mustergültig für die, wenn ich richtig gezählt habe, insgesamt 17 Party-Teilnehmer vorbereitet. Ein großer Topf einer gehaltvollen und sehr gut schmeckenden Soljanka köchelt auf dem Herd. Für Sahneblubb und Brot ist ebenfalls gesorgt. Und natürlich mangelt es nicht an Getränken. Und dann hat Uwe auch noch das schon vorher angekündigte wahr gemacht und einen Kuchen „zusammen geschossen“, der nach dem Essen mit einer Tasse Kaffe kredenzt wird und ebenfalls sehr, sehr lecker schmeckt. Das hat alles Stil, vor allem weil man sieht, dass es mit viel Liebe gemacht wurde. Also Uwe, nochmals vielen Dank für Dein großes Engagement!
Abschließend kann ich mir jedoch einen allgemeinen Hinweis an die LVB-Laufgruppe nicht verkneifen: 2014 standen immerhin 9 Mitglieder am Start der 30 km!
Ich denke, dass ich im Sinne aller feststellen kann, dass unser Soljanka-Lauf ein ereignisreiches Laufjahr 2015 in gelungener Art und Weise abgerundet hat und uns Ansporn zu weiteren, möglichst gemeinsamen Aktivitäten sein sollte. In diesem Sinne: auf ein Neues im Jahr 2016!
Andreas Gelhaar
LVB-Laufgruppe