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Rund um Halle 2018

Das flieh(g)ende Reh von Neuragoczy

Zum elften Mal stand der 50-km-Lauf „Rund um Halle“ im Kalender einiger unverbesserlicher Marathonläufer, wobei sich diejenigen, die die ganze Runde laufen wollten, nicht mit so kurzen Strecken wie Marathon zufrieden geben. Zweifelte ich noch im Januar, ob sich überhaupt jemand findet, der mitläuft und ob sich der Aufwand mit der Streckenverpflegung lohnt, kam es dann wie eigentlich jedes Jahr. Zehn Interessenten meldeten sich, davon zumindest fünf zu Allem entschlossene. Ich war an diesem Morgen tatsächlich der Letzte, der im verschlafenen Dorf Mötzlich eintraf. Die Jungs waren heute richtig motiviert. Und Franziska natürlich auch, die hier nicht nur die Frauenquote erfüllte, sondern den Jungs mal zeigte, was eine Harke ist. Aber das passierte später. Einer aber fehlte. Heute hieß es nicht: „Wo ist Behle?“ sondern: „Wo ist Helge?“ Gut – er stand heute auf den Brettern, die vielleicht nicht die Welt bedeuten, aber mit denen man in der Loipe etwas bequemer unterwegs ist als zu Fuß. Doch auch andere kniffen. Die Ullrich Seniors waren nur als Zaungäste am Start und um zu kontrollieren, ob das Feld pünktlich auf die Strecke ging. Wir schickten heute unsere Söhne ins Rennen, die unterwegs entscheiden wollten, wie weit sie mitlaufen, aber schon den Auftrag hatten, die Familienehre hochzuhalten. Pünktlicher als jeder Zug der Deutschen Bahn, nämlich genau um 8:30 Uhr gingen die Läufer auf die Runde.

Kalt aber nicht winterlich, am Start in Mötzlich

Die ersten 12 Kilometer bis zur Fähre Brachwitz bzw. zum ersten Verpflegungspunkt nahmen sieben Läufer unter die Füße. Da alle schon öfter als einmal hier dabei waren, konnte man davon ausgehen, dass sie sich nicht verlaufen würden. Streckenmarkierungen gibt es natürlich nicht. Dies ist eher ein Wald- und Wiesenlauf mit wirklichen Cross-Passagen, einer wilden Bahnlinienquerung und einem Abschnitt am Angersdorfer Teich, bei dem man fast eine Machete brauchte, um den Weg freizuschlagen. Jetzt habe ich wahrscheinlich Interessenten fürs nächste Jahr endgültig abgeschreckt. Dass das Ganze auch noch zu einer Wildsafari werden sollte, konnte niemand ahnen.

Alljährliches Wiedersehen auf der Fähre in Brachwitz (ca. 12 km). Die sieben Vollumrunder des Jahres 2018

Jürgen, Wolfgang und ich ließen uns im Auto zum ersten Verpflegungspunkt chauffieren, um an dieser Stelle ins Geschehen einzusteigen und in der Hoffnung, dass die anderen schon etwas müde sind, was sich natürlich als Trugschluss herausstellte. Die werden nie müde – zumindest nicht beim Laufen! Da es vom Verpflegungspunkt unvermittelt steil aus dem Saaletal hinauf auf eine Hochfläche geht, nahm ich mir noch einen zusätzlichen kleinen Vorsprung mit, indem ich schon vor den anderen startete. Dies war jetzt ein großer Fehler, denn ich verpasste den absoluten Höhepunkt des Tages. Locker kam Franziska den Berg heraufgestürmt – auch das ein Fehler – und wir erwarteten das Hauptfeld. Die Truppe machte einen geschockten Eindruck. Kurz zuvor war es durch einen Hohlweg gegangen, an dessen einer Böschung von allen unbemerkt ein Reh unser Treiben beobachtete. Als Andreas, Uwe und Jonny die Stelle passierten, entschied sich das Reh zu einem gewaltigen Sprung über die Köpfe der Drei hinweg auf die andere Seite des Weges, wobei es Jonny um Haaresbreite den Scheitel rasierte. Da hätte jemand die Kamera im Anschlag haben müssen. Da niemand so reaktionsschnell war, soll die Collage das Geschehen widerspiegeln. Das ist wirklich so passiert (siehe unten).

Das flieh(g)ende Reh von Neuragoczy

Der Vorfall gab genug Gesprächsstoff für die nächsten Kilometer durch die Dölauer Heide und weiter zum nächsten Verpflegungspunkt in Angersdorf. Inge hatte wieder Muffins gebacken und auch sonst gut aufgetischt. Weihnachten teile ich ihr ja immer den Termin für „Rund um Halle“ mit. Danach kann sie dann ihren Urlaub planen. Aus der Verpflegungsnummer kommt sie nicht mehr heraus. Diesmal empfing uns gleich noch eine Kinderschar, der Läufernachwuchs von morgen. Um die Zukunft von RuH muss einem nicht bange sein.

Lukas und Martin (die Ullrich Juniors – Bild Links) Uwe und Andreas (fit wie 2 Jungbrunnen – Bild Rechts) in der Dölauer Heide

 

Danach wird es ja immer spannend. Wie ist die Saaleaue belaufbar? Der Frost der letzten Tage und besonders Nächte hatte den Boden gut durchfroren. Aber mittlerweile hatten wir Plusgrade, und in der Ferne waren riesige Wasserflächen zu sehen. Zum Glück nicht in unserer Laufrichtung. Cross-Charakter hatten die folgenden 4 km trotzdem, und die Füße wurden auch nass. Am Röpziger Dorfteich dann das nächste Hindernis. Sturmtief Friederike hatte Bäume und Büsche auf den Weg geworfen. Also mussten wir außen herum laufen, es sei denn man hatte schon vorher abgekürzt und war den direkten Weg zur Röpziger Brücke gelaufen. Namen verschweigt der Berichterstatter an dieser Stelle. Man traf sich wieder am Verpflegungspunkt. Die Vollumrunder hatten schon 30 km auf dem Tacho und waren 3 h unterwegs. Für einen 50-km-Trainingslauf war das ein akzeptables Tempo.

Im Zickzack ging es zwischen Wasserflächen über die sich endlos ziehenden Saalewiesen, die feuchter waren als es hier aussieht.
… die Schuhsohle beweist es.

Nach dem 30-km-Verpflegungspunkt folgte ein weiteres Konzentration erforderndes Wegstück direkt an der Saale bzw. weiter an der Weißen Elster. Erstens war es rutschig, wirklich gefährlich waren aber die nach einer Abholzungsaktion wenige Zentimeter aus dem Boden herausragenden Äste und Wurzeln. Hier hatte es in den Vorjahren schon ein paar Stürze gegeben. Diesmal kamen alle heil durch. Entlang der „Mauer von Ammendorf“ legten wir die letzten Kilometer mit dem steifen Wind auf der Brust zurück. Ab der ICE-Brücke – längste Eisenbahnbrücke Deutschlands – ging es mit spürbarem Rückenwind zum Verpflegungspunkt am Osendorfer See. Tja und wenn man schon mal in Halle ist, kann man auch Hallorenkugeln essen. Das gehört mittlerweile zur guten Tradition von RuH. Für Jürgen war der Lauf hier beendet, für die anderen stand fest, dass bis ins Ziel nach Mötzlich gelaufen wird. Für Uwe gab es sowieso keine Alternative. Es war seine zehnte Halle-Umrundung.

Bild Links: Neudeutsch – Trailrunning an der Saale Bild Rechts: Im Dieskauer Park (km 38, aber nur für Andreas) Zwei Leucht- naja raketen und ein schwarzes Schaf

 

Nach Durchquerung des Dieskauer Parks lag noch der Schrecken von „Rund um Halle“ vor uns, die Straße von Zwintschöna nach Reideburg jenseits der Marathonmarke und in den letzten Jahren für mich oftmals der Stimmungskiller. Diesmal war es etwas anders, denn erstens hatten wir Rückenwind und zweitens hatte ich 12 km weniger in den Beinen. Mit Wolfgang und Andreas bildete ich das „Gruppetto“ (im Radsport die Schlussgruppe am Berg). Tröstend: Wenn es die Letzten nicht gäbe, wären die Ersten die Letzten. So gesehen erfüllten wir hier eine wichtige soziale Aufgabe. Wenn wir gewollt hätten… Der letzte Verpflegungspunkt – von Katrin wieder liebevoll bestückt – war bald erreicht. Die letzten sechs Kilometer konnten kommen.

Nicht aufzuhalten: Marcus und Franziska – dicht dahinter: Jonny und Uwe. So frisch kann man nach knapp 45 km aussehen

 

Wer bei „Rund um Halle“ mit läuft muss nicht hungern

Mit vollem Bauch ging es wieder auf die Strecke, die mit der Knochenbrecherstraße nach Stichelsdorf noch eine echte Herausforderung bereithielt. Das Kopfsteinpflaster ist nach über vier Stunden Lauferei immer wieder ein Sehnen- und Gelenketest. Auch die Straußenfarm gehört mittlerweile zu RuH wie die Hallorenkugeln zu Halle. In Zweier- und einer Dreiergruppe erreichten wir das Ziel in Mötzlich, diejenigen die die ganze Runde gelaufen waren in deutlich unter sechs Stunden (brutto). Hier erwartete uns Katrin nochmal mit gedecktem Tisch, und Uwe bekam seine Ehrentorte für die zehnmalige Umrundung von Halle. Glückwunsch und Hut ab! Doch auch die anderen sollten einige ihrer Jahresziele erreichen, die da sind Rennsteig-Supermarathon, Marathon unter 3 h oder einfach nur fit bleiben. Wer noch nicht genug von der Umrundung hat, kann ja am 04.03. bei „Rund um Leipzig“ noch 10 km draufsatteln.

… Uwe mit „Sonderpreis“
Hier kam die Frage auf, ob die Flaschen vorn oder hinten stehen. Die Antwort fällt sicher eindeutig aus.

 

Laufbericht

Dieter Ullrich (SG LVB Leipzig)

14.02.2018

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