Allgemeines

Rund um Halle 2017

Zehn beim „Zehnten“

Am Anfang steht diesmal ein Zitat aus dem Bericht vom Vorjahr, das auch diesmal voll zutreffend war und außerdem eine Prophezeiung enthielt:

„Das war ein Supertag und DANKE an unser Verpflegungskomitee. Ihr seid für nächstes Jahr wieder qualifiziert. Die Läufer natürlich auch. Und wenn jeder der Vollumrunder einen weiteren Läufer mitbringt, sind wir bei der zehnten Halle-Umrundung zu zehnt.“

Eigentlich könnte ich hier aufhören zu schreiben, denn genauso ist es gekommen…

Eisig blies der kalte Nordostwind den Umrundungswilligen diesmal vom Start weg ins Gesicht. Die -2°C fühlten sich wie -10°C an, und die rundum graue Landschaft mit wenigen Schneeresten vom Vortag wirkte extrem ungastlich. Man hätte heute einen Wellnesstag einlegen – was ist denn das? – oder den Weltmeistertitel von Laura Dahlmeier im Biathlon vor dem Fernseher feiern können. Andererseits muss man Prioritäten setzen, und drei Wochen nach dem Leipziger Wintermarathon steht schon seit neun Jahren der 50-km-Lauf „Rund um Halle“ auf dem nicht geschriebenen Plan. Was 2008 als Versuch gedacht war, dem legendären „Rund um Leipzig“ zu einem kleinen Bruder zu verhelfen, hat mittlerweile selbst eine gewisse Tradition und wurde zum 10. Mal ausgetragen. Dass sich nun auch noch zehn LäuferInnen meldeten, die die Ultrastrecke in Angriff nehmen wollten, war so nicht absehbar und schon gar nicht geplant. Nachdem sich die bewährten Stammkräfte Ulf und Jonny verletzungs- bzw. krankheitsbedingt schweren Herzens abgemeldet hatten, hatte ich zunächst große Bedenken, ob sich mehr Teilnehmer finden würden als im letzten Jahr, als nur fünf Läufer das Ziel in Mötzlich erreichten. Aber dieses Mal raffte sich die eigene Laufgruppe der LVB zu einem Kraftakt auf und war mit fünf LäuferInnen am Start. Und quasi hat wirklich jeder noch einen mitgebracht und schon waren’s zehn. Und es war nicht wie bei den zehn kleinen Negerlein nach dem Motto, dass eventuell nach jedem Verpflegungspunkt einer ausschied. Nein, mit acht Umrundern wurde der bisherige Rekord aus dem Jahr 2015 nur um einen verfehlt.

Vom Eise noch nicht befreit, am Start in Mötzlich

Pünktlich zum Start um 8:30 Uhr tauchte im wie ausgestorben wirkenden Ortsteil Mötzlich im Norden Halles der mobile Pflegedienst auf. Wer hatte die denn gerufen? Sahen wir so schlecht aus? Die zu pflegende Oma schaute indes schon aus dem Fenster und wunderte sich über den Auflauf vor ihrer Haustür genauso wie die Pflegerin. Wir bestellten sie für sechs Stunden später zur Massage unserer lädierten Knochen.

Die Truppe war gut durchmischt, Hallenser wie Leipziger dabei, die Frauenquote wurde auch erfüllt, alles passte. Nur die Wetterprognose stimmte nicht ganz, denn es waren vier Stunden Sonne vorhergesagt. Wir bekamen sie heute nicht eine Minute zu sehen, was allerdings auch einen Vorteil hatte, denn der Boden war hart gefroren, und die Strecken durch die Saaleaue oder später direkt an der Saale ließen sich selten so gut belaufen wie diesmal. Wir waren nicht auf der Flucht, und eine Startnummer hatten wir auch nicht um, also liefen wir im ruhigen Tempo die ersten Kilometer um Halles Norden herum. Der Nordpol konnte nicht weit weg sein, so hatte es zumindest den Anschein. Nur die Eisbären fehlten. Auf dem leicht ansteigenden Weg hinter Tornau wurde wenigstens die Muskulatur etwas durchwärmt. Danach ging es allerdings gleich wieder bergab in den Ortsteil Seeben, wo sich einige Frühaufsteher verdutzt die Augen rieben und mir aufgrund des Rückstands zu den vorn Laufenden mit auf den Weg gaben, ich solle mal Gas geben. Die haben Nerven!

Bei km 6 wird eine Bahnlinie „wild“ überquert, nur gut dass unser Bahner nicht dabei war

Wir näherten uns allmählich der Saale, an deren Ufer wir etwa zwei km bis zur Fähre Brachwitz zurücklegten. Diese Gegend wird wegen der Porphyrfelsen auch als „Brachwitzer Alpen“ bezeichnet, aber dafür hatten wir keinen Blick. Wir mussten uns auf den stellenweise vereisten Weg konzentrieren. Die Fähre lag schon am diesseitigen Ufer bereit, um uns hinüberzubringen zum ersten Verpflegungspunkt, wo Sybille auf uns wartete. Der warme Tee war dringend nötig, denn der besagte eisige Wind griff hier erbarmungslos an. Dazu gab es Kekse vom „schwarzen Norma“. Wie jetzt? Norma aus Afrika? War mir neu. Jürgen jedenfalls erinnerte sich an den Spruch mit den Negerlein und hörte hier auf. Er ließ sich von Sybille nach Hause chauffieren mit der Versicherung, später wieder einzusteigen. Die anderen neun Negerlein begaben sich auf die restlichen nur noch 37 km.

km 13: Fähre Brachwitz über die Saale

Vom Verpflegungspunkt weg musste die „steile Wand von Neuragoczy“ bezwungen werden. Klingt furchteinflößend, ist es auch. Die Rampe hat mindestens 20% Steigung, und das mit schwarzen Keksen im Bauch. Mir wurde etwas bange, als ich die anderen hier leichtfüßig hochpreschen sah. Überhaupt die drei Frauen: nicht fit wie sondern fitter als die berühmten Turnschuhe. Nun ja wenn man weiß, dass Korinna sich u.a. auf den Thüringen-Ultra (einen Hunderter) vorbereitet und Ines von Monat zu Monat eine neue Steigerung bezüglich ihres längsten Laufs aufstellt, darf man ruhig ein bisschen hinterherlaufen. Da ist es eine Ehre, bei jedem dieser Streckenrekorde von Soljankalauf über Wintermarathon bis zum heutigen Fünfziger dabei zu sein. In drei Wochen steht der Sechziger in Leipzig an. Ein Schelm, wer da an Arges denkt.

km 20: Bergab geht es aus der Dölauer Heide Richtung Ha-Neu

Durch Dölau und die Dölauer Heide auf dem Bergmannsteig näherten wir uns dem zweiten Verpflegungspunkt. Nachdem ich nun die Runde achtmal gelaufen und schon dreimal mit dem Fahrrad gefahren bin, gab es an der Neustädter Kiesgrube tatsächlich leichte Orientierungsschwierigkeiten. Das Alter, der Schnee, das graue Wetter? Jedenfalls bauten wir 200 m zusätzlich ein. Die Stelle muss ich mir nochmal genau ansehen. In Angersdorf gab es ja dieses Jahr auch einen Ausfall, den wir aber nicht wirklich spürten. Inge war diesmal verhindert, hatte aber tatsächlich noch Muffins für uns gebacken. Und Dieter – nicht ich, da gibt es noch einen – opferte einen Teil seines Sonntags für uns Läufer und betreute die Verpflegungspunkte zwei und drei. Wirklich anerkennenswert!

Die Frage, in welchem Zustand sich die Saaleaue präsentieren würde, stellte sich nicht. Selbst die Pferdekoppel am Anfang, wo es sonst meistens schlammig war, war gefroren. Waren wir jetzt zu entspannt? Auf jeden Fall streikte mein inneres Navi schon wieder. Wir liefen plötzlich in Sichtweite der Saale, woran ich mich aus den Vorjahren nicht erinnern konnte. Tatsächlich hatten wir an der Weggabelung am Beginn der Saaleaue den linken statt den mittleren Weg genommen. Führte wieder zu 200 zusätzlichen Metern. Aber es waren ja noch mehr dabei, die die Strecke eigentlich kennen sollten. Zur Verbesserung der Streckenkenntnis sollten wir mit fortschreitendem Alter vielleicht im Halbjahresrhythmus rund um Halle laufen. Überhaupt wurde schon an dieser Stelle über den nächsten RuH diskutiert. Manche bekommen den Hals einfach nicht voll. Im Eisnebel konnten wir jetzt die Röpziger Brücke vor uns sehen. Ein paar Rehe querten unseren Weg. Hinter der Brücke wartete Dieter bei km 30 mit dem Essen auf Rädern auf uns.

Nach dem Imbiss hatten es die anderen richtig eilig und waren meinen Blicken schnell entschwunden. Ich bekam einfach meine Handschuhe nicht an. Meine Hände waren Schock gefroren. Uwe musste helfen. Läuferisch war alles bestens. Gemeinsam liefen wir das Stück unmittelbar entlang der Saale Richtung Ammendorf und versuchten, Boden gut zu machen. Dann tauchten vor uns das grüne Shirt und die weiße Mütze von Wolfgang auf. Er ist ja bekannt als „Mr. Fünf-Seen-Lauf“, weil er an allen 32 bisherigen Schweriner Fünf-Seen-Läufen und da immer auf der 30-km-Strecke teilgenommen hat. Hier und heute hatte er richtig zu kämpfen. Wir waren nun zu dritt, aber nach vorn war keiner mehr zu sehen. Erst am Osendorfer See am vierten Verpflegungspunkt bei km 37 bekamen wir wieder Kontakt zu den anderen. Sybille hatte neben den obligatorischen Hallorenkugeln auch Jürgen wieder mitgebracht, der sich jetzt an sein Versprechen hielt und uns auf dem Rest der Strecke – nach den vormittäglichen 13 km nochmal 13 km bis ins Ziel – begleitete.

Nach Durchquerung des Dieskauer Parks lag noch der Schrecken von „Rund um Halle“ vor uns, die Straße von Zwintschöna nach Reideburg jenseits der Marathonmarke und in den letzten Jahren für mich immer der Stimmungskiller. Aber wir hatten ja diesmal unseren Teambuilder, wie es neudeutsch heißt dabei. Helge hatte schon vorher angekündigt: „Wenn ich dabei bin, wird nicht zu schnell gelaufen“. Das zahlte sich jetzt aus. Er hielt die kleine Gruppe zusammen. Wir liefen zu viert im Unterhaltungstempo bei Gegenwind hinüber Richtung Reideburg. Es ging mir auf dem Streckenabschnitt noch nie so gut wie diesmal. Neben Helge Jürgen und mir gehörte Torsten zu dem Quartett. Wir kannten ihn vorher nicht. Er hatte wohl vorgehabt, irgendwo bei km 30 – 35 aufzuhören, war bisher nicht länger als Marathon gelaufen. Er spulte hier sein Pensum wie ein Uhrwerk ab. Also noch ein Streckenrekordler. Uwe, Marcus und Franziska warteten an der letzten Verpflegung schon eine Weile. Dabei waren wir heute wirklich gut unterwegs. Eine Brutto-Zielzeit deutlich unter sechs Stunden war so gut wie sicher. Das hatte es in den letzten Jahren nicht gegeben. Resultierte natürlich auch aus den kürzeren Pausen. Heute wollte niemand lange stehen bleiben.

Eine letzte Stärkung bei Kilometer 45 aus Katrins Imbisswagen – besser von der gedeckten Kaffeetafel – gab uns die Power für die verbleibenden fünf Kilometer. In Zöberitz bei km 48 kam dann der Spruch des Tages von Uwe: „Beim Hunderter hätten wir noch nicht mal die Hälfte.“ Ich sehe das eher so, dass der Fünfziger der Hunderter des kleinen Mannes ist. Aber Uwe setzte noch einen drauf und fragte nach dem Austragungstermin von „Rund um Halle“ 2018. Wir einigten uns darauf, den Lauf auf jeden Fall auch 2018 auszutragen, denn dann hätten zwei Kandidaten die Chance, Halle zum zehnten Mal zu umrunden, da sowohl Uwe als auch ich jeweils einmal nicht dabei waren. Der Einzige, der immer dabei war, ist Jürgen, aber nicht auf der ganzen Strecke. Da kennt die Statistik keine Gnade.

Das schönste Ziel der Welt ist bekanntlich Schmiedefeld. Einmal im Jahr ist es für uns die Kirche in Mötzlich (im Hintergrund).

Am Ziel in Mötzlich wartete auf uns noch die selbstgebackene Zielprämie. Großartig! Danke dafür Uwe! Die Torte war vorzüglich, warum ich aber das Stück mit der Aufschrift „0 km“ bekam, bleibt mir ein Rätsel. Disqualifiziert? Also muss ich noch zweimal auf die Strecke gehen, um die zehn vollzumachen? Am Ende waren es übrigens 5:50 h brutto. Die habe ich auch mindestens für diesen Bericht gebraucht.

Die Halle-Umrunder 2017

     

Franziska                                            Ines                                                Korinna

    

Dieter                                                Helge                                          Marcus

      

Torsten                                               Uwe                                             Wolfgang                                         Jürgen

 

Laufbericht (nach bestem Gewissen)

Dieter Ullrich (SG LVB Leipzig)

14.02.2017

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