Allgemeines

Rund um Halle 2015

„… und Training hilft doch“

Vor Jahren hätte ich es nicht vermutet, dass wir hier eine kleine Serie starten. Mittlerweile wurde die kleine Schwester des legendären „Rund um Leipzig“ auch schon zum achten Mal ausgetragen. Man hat ja mittlerweile eine Kernmannschaft von Läufern, die fast immer dabei sind und steht damit schon etwas in der Pflicht. Schon zum Leipziger Wintermarathon trifft man einige der Umrundungsverdächtigen und wird gefragt: „ Und? Dieses Jahr wieder Rund um Halle?“ Was soll man antworten? Als sich dann 2 Wochen vor dem Austragungstermin schon 13 Läufer bei mir gemeldet hatten, hoffte ich innerlich, dass es nicht noch mehr werden. Jeder ist zwar gern gesehen, aber für einen nicht angemeldeten Lauf, der zumindest teilweise auf Straßen stattfindet, gerät man dann an organisatorische Grenzen. Jeder läuft hier zwar auf eigene Verantwortung, aber ein Unfall vor einigen Jahren bei „Rund um Leipzig“ hat die Sinne für die Problematik eines solchen Laufes nochmal geschärft.

Es meldete sich dann im Vorfeld doch kein weiterer Läufer, im Gegenteil, einer sagte noch ab. So blieb alles im überschaubaren Rahmen und es gab unterwegs auch keine weiteren Zwischenfälle. Die äußeren Bedingungen konnten als nahezu optimal eingeschätzt werden. Es herrschten Temperaturen um 0°, der Boden war aber vom nächtlichen Frost noch gefroren, und bis auf einen kurzen Graupelschauer kurz vorm Zieleinlauf gab es heute Sonne satt. Einziger Makel war eventuell der mitunter eisige Nordwestwind, den wir gerade auf den letzten Kilometern straff von vorn ins Gesicht bekamen. Aber für Mitte Februar war es geradezu ein Traumtag. Wir hatten das an diesem Termin und bei diesem Lauf schon ganz anders erlebt wie etwa 2010 als am Start -5°C herrschten und 30 der 50 km von verharschtem Schnee bedeckt waren.

Am Start waren diesmal 11 Läufer, darunter 3 Frauen, mehr als je zuvor bei „Rund um Halle“. Dass davon 9 im Ziel ankamen und der zehnte ganz locker bei km 45 aus freien Stücken aufhörte, zeigt dass hier keine Anfänger auf die Strecke gingen. Aber das war von vornherein klar, denn allein 8 der Teilnehmer waren schon 3 Wochen zuvor beim Wintermarathon dabei.

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Nach 12 km geht es per Fähre über die Saale, da es in weitem Umkreis keine Brücke gibt

Als die Mannschaft komplett am Start in Mötzlich, einem verträumten Vorort von Halle eingetroffen war, ging es pünktlich um 08:30 Uhr auf die Strecke. An dem Anstieg hinter Tornau bekamen wir den eisigen Wind noch auf die Brust, dann änderte sich die Laufrichtung, und der Wind kam mehr und mehr von hinten. Die Passagen am Götschebach und im weiteren Verlauf entlang der Saale ließen Optimismus aufkommen, dass auch die Saalewiesen zwischen km 25 und 30 gut belaufbar sein würden, denn der Boden war noch gefroren, teilweise war der Weg sogar vereist und man musste sich schon konzentrieren, um einen Sturz gleich am Anfang zu vermeiden. Wer den Blick dafür frei hatte, konnte die in der Morgensonne rot leuchtenden Porphyrfelsen der „Brachwitzer Alpen“ bewundern. Auf die Fähre in Brachwitz mussten wir diesmal etwas warten, aber wir hatten ja den ganzen Tag Zeit. Am anderen Ufer erwarteten uns Sibylle mit der ersten Verpflegung und Jürgen, um sich hier dem Laufteam anzuschließen.

Nun als 12er-Laufteam wurde der steile Anstieg auf die Dölauer Hochfläche genommen. Einige stürmten hier hoch als ob oben das Ziel wäre. Bis dahin waren es aber noch 38 km. Trotzdem bildeten sich schon hier allmählich kleinere Grüppchen. Was im Fußball verpönt ist (Grüppchenbildung), hatte hier durchaus Sinn, denn das Leistungsvermögen war einfach zu unterschiedlich. Vorn fand sich wie nicht anders zu erwarten das Laufseminar (vom Leipzig-Marathon) zusammen, dazwischen tummelten sich die „Halbambitionierten“, und am Ende liefen Chris und ich. Einer muss schließlich das Geschehen im Blick behalten und die Funktion des Besenwagens übernehmen. Nebenbei erfuhr ich von ihr, dass das Ganze hier und heute für sie ein letzter Test vor der Brocken-Challenge sechs Tage später sein sollte. Für Unwissende: Das ist ein 80km-Lauf von Göttingen auf den Gipfel des Brocken – im tiefsten Winter (!). Also noch eine Ambitionierte. Nach meinen schlechten Erfahrungen des Vorjahres, als ich schon nach der Hälfte der Runde halbtot war, wollte ich heute unbedingt dosiert beginnen. Das sollte sich später auszahlen. Und um zum Titel der Geschichte zurückzukommen, ich hatte seit Oktober doppelt so viele Kilometer in den Beinen wie im Vorjahr. Dass sich Training auszahlt ist ja unbestritten, aber manchmal zweifelt man doch daran, weil andere Faktoren unter Umständen eine größere Rolle spielen können.

In der Dölauer Heide musste ein kleiner Umweg gelaufen werden. Wolfgang hatte vorher schon die Strecke erkundet und in Erfahrung gebracht, dass hier die Holzabfuhr gewütet hatte und noch nicht fertig war mit dem Abtransport. Baumstämme versperrten den Weg, der als solcher gar nicht mehr existierte. Ausgangs der Heide erreichten wir den Granauer Berg. Der Weg lag im gleißenden Sonnenlicht, war aber komplett vereist. Auch hier gab es keine Stürze, waren alle verdammt fit und konzentriert die Mädels und Jungs. Leicht bergab ging es nun zum zweiten Verpflegungspunkt in Angersdorf. Ein Schnellrestaurant – das mit dem „M“ – versuchte durch intensive Gerüche zwar abzulenken, wir nahmen aber doch lieber den selbst gebackenen Kuchen von Inge nach 23,5 km.

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Als ich kam, war von dem Kuchen nur noch die Hälfte da

Der nächste Streckenabschnitt ist ja immer der Spannendste. Nachdem es zunächst etwas trostlos entlang der Straße Richtung Merseburg geht, folgt ein landschaftlich reizvoller aber lauftechnisch eher anspruchsvoller Weg, der eigentlich nur eine gelegentlich befahrene Traktorspur über die weiten Saalewiesen ist. Wir hatten auch diesmal Glück. Zweimal mussten wir bisher den großen Umweg außen herum laufen. Aber diesmal hielt der Frost im Boden auch in der grellen Mittagssonne. Am deutlich wärmeren nächsten Tag wären wir hier nicht mehr durchgekommen. Dann wäre aus der Idylle eine Schlammwüste geworden. So mussten wir nur einigen größeren Eisflächen ausweichen. Und die Kopfweiden und das Schlammloch auf der Hälfte der Strecke gehören einfach zu „Rund um Halle“. Schon bald kam die Röpziger Brücke ins Blickfeld, wo es bei km 30 die nächste Verpflegung gab. Sogar Kuchen war noch da. Eines schien klar: Hier sahen alle noch so gut aus, dass es keinen Zweifel daran gab, dass heute alle das Ziel in Mötzlich erreichen würden. Abgesehen von Jürgen, der von vornherein nur eine Teilstrecke geplant hatte.

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Einsamer Läufer auf den endlosen und teilweise vereisten Saalewiesen unterwegs

Wie aus gut unterrichteten Kreisen verlautete, wurde vorn nun richtig Gas gegeben. Uwe und Marcus gaben ihrem Affen Zucker. Dann folgten die Schicksalsgemeinschaften aus 2 oder 3 Läufern unverändert vor dem besagten Schlussduo. Ein kurzer Moment der Unachtsamkeit ließ mich urplötzlich zu Boden gehen. Der Weg unmittelbar an der Saale war übersäht von Wurzelwerk und Baumstubben. Einen davon musste ich wohl übersehen haben, ich fiel zum Glück sehr weich und Chris bescheinigte mir, genial abgerollt zu sein. Aber was passierte mit mir in Ammendorf? Auf einmal wurden die Beine leicht, und da ich Chris in Begleitung von Jürgen wusste, beschleunigte ich allmählich ohne zu überziehen. Inge was war in dem Kuchen? Ich kam Wolfgang und Lukas näher und lief auf sie auf. Ich musste mich zusammenreißen, um nicht noch schneller zu laufen. Hier war ich voriges Jahr grauer als grau! Siehe Titel…

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So gut kann man nach 30 km aussehen

Bei km 37 am Eingang zum Dieskauer Park stand Sibylle mit allem was das Läuferherz begehrt. Es ging mir so gut, dass ich am liebsten weiter gelaufen wäre, aber Hallorenkugeln sind bei der Halle-Runde natürlich Pflicht. Allmählich kamen auch Chris und Jürgen hier an. Derweil fingen die anderen schon an zu frieren. Andreas machte sich mit Korinna und Ute auf den Weg. Sie sahen schon sehr erfroren aus. Für die Frauen wurde es nun richtig hart, denn der eisige Wind kam nach Verlassen des Dieskauer Parks auf langer ungeschützter Straße direkt von vorn, und nach 40 km wird einem unter diesen Umständen nicht mehr wärmer. Auch Ulf, Uwe, Jonny und Marcus gingen wieder auf die Strecke.

Wolfgang hingegen konnte einem leidtun. Und hier muss dann doch der Titel angezweifelt werden, denn trotz wesentlich erhöhten Trainingsumfangs schien es bei ihm nicht mehr zu gehen. Es ist immer wieder erstaunlich wie sich Läufer auf einer Strecke von 5 km verändern können, eben noch leicht und locker und dann, nun ja kein Vergleich. Schließlich entschied er sich aber doch, noch bis zur nächsten Verpflegung bei km 45 zu laufen. Lukas war nun mein Adjutant, und Wolfgang übernahm mit Chris den Job des Besenwagenfahrers. Der Wind war wirklich eisig, und meine leichten Beine gehörten auch der Vergangenheit an. Jetzt war mentale Stärke gefragt. Vorn in etwa 3 km Entfernung sah man die Häuser von Reideburg, der Wind blies unvermindert, Autos jagten mit Tempo 80 (mehr?) vorbei, das war nicht mehr lustig. Irgendwann trafen wir aber alle am letzten Verpflegungspunkt ein. Hier gab es sogar die allseits beliebten Muffins und Preisfrage: Wer lief hier als erster ein? Natürlich Uwe in solchem Tempo, dass er fast vorbei gelaufen wäre. Und er hat auch ein paar Muffins übriggelassen. Die Frontrunner und die „Gruppe Andreas“ starteten wieder als erste bei nun unwirtlicher werdenden Bedingungen. Langsam kamen Wolken auf, und kurz vor Reideburg hatte uns ein erster Graupelschauer erwischt. Eigentlich waren es nur ein paar Krümel, aber alle wollten es jetzt zu Ende bringen.

Nach Verabschiedung von den beiden Fast-Umrundern Wolfgang und Lukas (und der hätte die 5 km noch locker geschafft) gingen auch Chris und ich wieder auf die Strecke. Es folgten noch der Belastungstest auf der Kopfsteinpflasterstraße nach Stichelsdorf, die wohl unter Denkmalschutz steht. Die Bänder und Gelenke hielten. Auf der Straußenfarm rannten die komischen Vögel in atemberaubenden Tempo umher. Wer waren jetzt aber die Laufvögel? Schließlich musste noch die Fußgängerbrücke über die B100 bei km 48 überquert werden. Ich plädiere an der Stelle für behindertengerechten Umbau.

Voraus war der Kirchturm von Mötzlich zu sehen. Wenn das keine Kräfte freisetzt, was dann? Einmal im Jahr ist das das schönste Ziel der Welt. Wenn man dann in Mötzlich um die Ecke biegt und die schon wartenden Läufer im Ziel sieht, ist man einfach nur mit sich im Reinen und ist doch überzeugt davon, dass der Titel (siehe oben) stimmt. Es ist übrigens verbürgt, dass mindestens ein Teilnehmer den Spruch so verinnerlicht hat, dass er am nächsten Tag, während ich diesen Bericht schreibe, schon wieder beim Lauftreff auftauchte.

Zum Abschluss kann ich nur sagen, das war ein Supertag und DANKE an unser Verpflegungskomitee. Ihr seid für nächstes Jahr wieder qualifiziert.

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6 Stunden auf den Beinen, um von Mötzlich nach Mötzlich zu laufen

Die Halle-Umrunder 2015

  02Chris  09Korinna  03Ute  07Jürgen

               Chris                        Korinna                             Ute                            Jürgen

 01Andreas  12Dieter  08Jonny  10Marcus

           Andreas                          Dieter                            Jonny                            Marcus

11Ulf  06Uwe  04Wolfgang  05Lukas

                Ulf                                Uwe                             Wolfgang                          Lukas

 

Dieter Ullrich (SG LVB Leipzig)

09.02.2015

Bericht als pdf herunterladen: RuH2015_Bericht

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Streckenprofil:

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2 Kommentare

  • Chris

    Hallo Dieter!

    Vielen Dank für das Lauferlebnis Rund um Halle ein ganz besonderer Dank gilt deiner Fam.die Jahr für Jahr in der Kälte stehen und für uns die VPs bereitstellen mit all den Köstlichkeiten.Das Lauferlebnis hast du wunderbar in Worte gefasst .Und wen der Brocken mich nicht ganz zu Boden zwingt möchte ich in diesen Jahr wohl wieder Leipzig mit umrunden.Herzliche Grüße und nochmals GROßEN DANK.Chris T.

  • Hendrik Hultsch

    Hallo liebe Halle-Umrunder,
    Es ist schon beeindruckend wie ihr bei diesem Winterlichen Wetter die Motivation her nehmt und die (für mich riesige) Distanz absolviert.
    Hut ab.

    Viele Grüße an alle Laufbegeisterten
    Hendrik

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